BundesratStenographisches Protokoll813. Sitzung / Seite 71

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Zum Abschluss kommend: Ich habe gestern in Brüssel an der Parlamentarischen Versammlung der Union für das Mittelmeer teilgenommen. Ich muss sagen, dass die Entwicklung in der gesamten arabischen Region sehr beunruhigend ist. Man muss sich vorstellen, dass 70 Prozent der Menschen der arabischen Welt unter 30 Jahre sind. Das heißt, wir haben in dieser Region eine der jüngsten Bevölkerungen mit einer sehr geringen sozialen und wirtschaftlichen Perspektive. Ich bin der Meinung, wenn weiter­hin vor allem die arabischen Golfstaaten, die bekannterweise eine sehr konservative Religion und Ideologie haben, die sie dort auch sehr stark verbreiten, einer der maßgeblichen Geldgeber in dieser Region bleiben – jetzt sind sie es schon –, dann ist angesichts der sozialen Ungleichheiten, die wir dort haben, eine Radikalisierung von zumindest Teilen der jungen Gesellschaft vorprogrammiert. Diese Radikalisierung und Destabilisierung der Region wird natürlich nicht ohne Folgen für Europa bleiben. Man wird das Problem nicht alleine mit Sicherheitspolitik in den Griff bekommen.

Ich wünsche mir daher von Europa, dass wir ein Engagement an den Tag legen, das Westeuropa bereits in den neunziger Jahren an den Tag gelegt hat, als es darum ging, osteuropäische Staaten auf dem Weg zur Demokratie zu unterstützen und zu begleiten – nämlich jetzt auch für Nordafrika, auch für den Nahen und für den Mittleren Osten. Ich glaube, das ist eben sehr wichtig, um mit den Problemen in Zukunft zurecht­zu­kommen. Ich halte das für sehr notwendig, um die demokratische Entwicklung in dieser Region zu unterstützen und zu verhindern, dass Fanatismus und Radikalisie­rung dort an Boden gewinnen.

Natürlich nimmt meine Fraktion diesen Bericht wohlwollend zur Kenntnis. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

12.20


Präsident Georg Keuschnigg: Als Nächste gelangt Frau Bundesrätin Kerschbaum zu Wort. – Bitte.

 


12.21.01

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Bericht ist wirklich sehr umfassend und erklärt auch, warum es einen Staatssekretär in diesem Bereich braucht. Außen- und Europapolitik ist ein derart umfassendes Feld, dass es wahrscheinlich mehr als einen Regierungsvertreter braucht, der in einigen Bereichen dazu Stellung nehmen kann, soll und will.

Prinzipiell ist der Bericht lobenswert. Er ist in manchen Bereichen etwas zu kurz gehalten (Ruf bei der ÖVP: Naja, über 500 Seiten!), auch wenn da schon 500 Seiten sind, wie Kollege Mayer vorhin erwähnt hat. Aber es gibt einige Bereiche, die stärker betont werden, und einige Bereiche, die eben nicht so intensiv betont werden.

Beim vorigen Tagesordnungspunkt ist das Thema Ungarn schon kurz vom Kollegen Schreuder angesprochen worden. Zum Thema Ungarn steht im Bericht: „Innenpolitisch setzte die bei den Parlamentswahlen 2010 mit einer komfortablen Zweidrittelmehrheit ausgestattete Regierung Orbán die Umgestaltung des Landes im national-konser­vativen Sinne fort, wobei einige legislative Maßnahmen (Mediengesetz, Neue Verfas­sung, Doppelstaatsbürgerschaftsgesetz) im europäischen Rahmen und von US-Seite Kritik und Besorgnis ausgelöst haben.“ – Also US-Seite und europäische Ebene.

Allerdings haben die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, die für österreichische Betrie­be und österreichische Investoren nachteilige Auswirkungen gehabt haben, auch „Irritationen im bilateralen Verhältnis“ hervorgerufen. Da frage ich mich: Wo sind die Schwerpunkte? Also ich denke mir schon, dass auch Österreich öfter einmal zu den Entwicklungen in Ungarn Stellung nehmen sollte, die uns alle hier des Öfteren aufre-


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