BundesratStenographisches Protokoll814. Sitzung / Seite 38

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Österreich hat in den letzten Monaten die notwendigen Rahmenbedingungen für die zweite, die nationale Säule geschaffen, wodurch wir mit dem heutigen Beschluss die­ses Fakultativprotokoll OPCAT ratifizieren können. Es ist ein Protokoll mit 17 Seiten und insgesamt 37 Artikeln.

Seit Juli dieses Jahres wurde die Volksanwaltschaft mit einer neuen Kompetenz aus­gestattet und ist für den Schutz und die Förderung von Menschenrechten zuständig. Eine bei der Volksanwaltschaft eingerichtete Kommission kann und wird zukünftig spe­zifisch öffentliche und private Einrichtungen kontrollieren, besuchen und auch einen Bericht darüber erstatten. Natürlich müssen da auch Anzeichen des Foltertatbestandes gegeben sein. Der neu konstituierte Menschenrechtsbeirat wird dabei eine wesentli­che, beratende Funktion übernehmen.

Wir werden daher zukünftig von der Volksanwaltschaft noch detailliertere Berichte hier im Hohen Haus bekommen. Ein jährlicher Bericht wird veröffentlicht und auch dem UN-Unterausschuss für die Verhütung von Folter übermittelt werden.

Abschließend möchte ich behaupten, dass der heutige Beschluss ein weiterer wichtiger Schritt im Kampf für die Menschenrechte ist, und ich hoffe gleichzeitig, dass zumindest in unserem Land keine derartigen Vorfälle verbrochen werden.

Wir stimmen diesem Beschluss gerne zu. – Danke. (Beifall bei der ÖVP, bei Bundesrä­ten der SPÖ sowie des Bundesrates Dönmez.)

10.37


Vizepräsidentin Mag. Susanne Kurz: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bun­desrat Schennach. – Bitte.

 


10.38.06

Bundesrat Stefan Schennach (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr ge­schätzter Herr Staatssekretär! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die größte Errungen­schaft der Demokratie entspricht folgender Grundphilosophie und Überzeugung: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Daher finden wir in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der UNO, in der Europäischen Menschenrechtskonvention, aber auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einen Schlüsselsatz:

 „Niemand darf der Folter oder (), unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden.“

Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UNO ist kein unmittelbar anwendba­res Recht, aber wir als Österreich, als Mitglied der Europäischen Union und als Mitglied des Europarates sind in einer besonders glücklichen Situation, denn alle Bürger und Bürgerinnen der 47 Staaten des Europarates können dies direkt beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof einklagen. Und als Unionsbürger und ‑bürgerinnen können wir das seit dem Lissabon-Vertrag – das sind die Segnungen des Lissabon-Vertrages – auch direkt beim EuGH, beim Europäischen Gerichtshof, einklagen.

Folter hat immer noch viele Gesichter, ob das E-Schocks sind oder Vergewaltigungen, Zwangshaltungen, Schläge, Aufhängen in sogenannten Papageienschaukeln, Verbren­nungen, Verstümmelungen, Zwangsuntersuchungen, Zahnfolter, Verhörfolter, Zwangs­arbeit, Nahrungsentzug, Isolationshaft – wie seinerseits bei Nelson Mandela oder heu­te, ganz aktuell, unabhängig davon, was er getan hat, bei Öcalan in der Türkei –, mas­sive Erniedrigungen, Schlafentzug, Toilettenverbot, Sauerstoffmangel, Belastungsstö­rungen, Misshandlungen, Gehirnwäsche, Lärmfolter. Viele Namen und viele Gesichter hat die Folter.

Und sie ist eben nicht nur Geschichte. Die Würde des Menschen wird auch in der Ge­genwart immer wieder angegriffen. Ich erwähne hier nur die Gefängnisse von Abu


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite