BundesratStenographisches Protokoll815. Sitzung / Seite 27

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Präsident Georg Keuschnigg: Zur Abgabe einer abschließenden Stellungnahme ist der Herr Bundesminister zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


10.17.53

Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Dr. Karlheinz Töchterle: Herr Präsident! Hohes Haus! Es haben sich jetzt einige sehr kritische Stimmen geäußert. Ich bin für Kritik immer offen und sogar dankbar, wenn sie konstruktiv ist; sie schmerzt mich dann, wenn sie auf sachlich völlig falschen Voraussetzungen beruht. Ich muss ei­nige Voraussetzungen einfach korrigieren – ich nenne jetzt keine Namen, die Kritiker wissen, wen ich meine –, denn so, wie das geäußert wurde, stimmt das schlicht nicht.

Man kann zum Beispiel nicht sagen, die österreichischen Universitäten sind generell überfüllt. Wir haben zwölf Fächer, wo es solche Überfüllungen gibt; zwölf von 180 zum Beispiel in Wien. Also man kann und darf das nie und nimmer pauschalieren. Wir sind jetzt mit der Studienplatzfinanzierung dabei, das in diesen Fächern zu verbessern und zu verändern.

Wenn gesagt wird, bei uns sind alle jungen Leute prekär angestellt, dann stimmt das einfach nicht. Im Gegenteil, wir haben, auch durch den Kollektivvertrag – der übrigens nicht zehn Jahre auf sich hat warten lassen, sondern von der Implementierung bis zu seinem Inkrafttreten hat es fünf Jahre gedauert; das ist eine erträgliche Zeit –, die Mög­lichkeit der Qualifizierungsvereinbarung, und die wird von den Universitäten verstärkt genutzt. Das ist eine Form, wie man jungen Leuten eine unbefristete Stelle anbieten kann, ähnlich dem amerikanischen Tenure-Track, und wir haben viele andere Möglich­keiten, junge Leute zu entfristen.

Man muss aber auch sehen, die Universität braucht immer eine große Anzahl hoch qualifizierter Ausbildungsstellen, also Doktoratsstellen und auch Postdoc-Stellen. Wenn das Ausbildungsstellen sind, dann können sie nicht anders als befristet sein, denn sonst ist irgendwann dieser Bereich zu, kein junger Mensch kommt mehr hinein, weil schon alles besetzt ist mit unbefristeten Stelleninhabern. Das geht nicht.

Es muss auch an einer Universität ausgehalten werden, dass es eine Fülle von befris­teten Stellen gibt. Jeder Mensch, der eine solche Stelle antritt, weiß ja, dass sie befris­tet ist und nach vier Jahren wieder endet. Es ist nur meistens so, dass der Abschied dann auch oft für den Betreuenden und für das Institut schwerfällt, weil sich der junge Mensch als sehr tüchtig erwiesen hat. Das schmerzt, aber es geht nicht anders. Wir brauchen auch die befristeten Stellen.

Was mich besonders wundert, ist, dass man heute seitens der Grünen die Bildung nur ökonomisch argumentiert. Natürlich ist das ökonomische Argument wichtig, aber für mich persönlich sind das gesellschaftliche und das individuelle Argument noch wichti­ger. Bildung bereichert den jungen Menschen persönlich als Individuum, und das ist mindestens gleich wichtig wie das ökonomische Argument. Bildung ist nicht nur Univer­sitätsbildung. Bildung ist zum Beispiel auch eine Lehre, Bildung ist auch eine höhere Schule.

Österreich hat ein Bildungssystem, das offensichtlich sehr krisentauglich ist, das volks­wirtschaftlich offensichtlich sehr gut passt, sonst wären wir nicht so gut durch die letzte Krise gekommen, sonst hätten wir nicht schon seit Langem die niedrigste Arbeitslosig­keit in der EU. Das alles zeigt doch: Wir bilden sehr nah an der Wirtschaft und für den Arbeitsmarkt sehr angemessen aus. Wenn ich an Spanien denke, wo eine viel höhere Akademikerquote und eine enorme Jugendarbeitslosigkeit zu finden sind, dann muss ich sagen, das kann nicht das Allheilmittel im ökonomischen Sinne sein.

Wenn behauptet wird, die Hochschul-Milliarde käme nicht bei den Hochschulen an, so ist das schlicht falsch. Von dieser Hochschul-Milliarde, die faktisch 990 Millionen sind, geht kein einziger Cent nicht an die Hochschulen. Es geht alles an die Hochschulen.


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