BundesratStenographisches Protokoll816. Sitzung / Seite 235

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kündigt wurde. All das ist unfreundlich, was die Familie Esterházy durch ihren Verwal­ter macht. Und jede einzelne Gemeinde, in der die Familie Esterházy Grundstücke und Vermögen hat, kann eine Latte von Unannehmlichkeiten mit dieser Familie erzählen.

Insofern ist dieser Kotau vor dieser Familie hier völlig unangebracht, muss ich sagen, weil sich die Familie Esterházy nicht so verhält, wie sie sich eigentlich aus Dankbarkeit dafür, dass die Republik 15 Jahre für sie verhandelt hat, verhalten sollte.

Allerdings geht es hier um einen ganz anderen Hintergrund. Der Hintergrund ist die Restitution von geraubtem Kulturgut. Immerhin haben zwei große Gruppen des Zwei­ten Weltkriegs, die Nationalsozialisten und die Rote Armee, den größten Kulturraub ge­genseitiger Art von 45 Millionen Kulturgütern organisiert und durchgeführt. Beide Sei­ten wollten gigantische Museen eröffnen. Das eine wäre das Führermuseum in Linz gewesen, das andere wäre das Weltmuseum in Moskau gewesen. Dafür sind Tro­phäenbrigaden ausgebildet worden, und diese Trophäenbrigaden haben lückenlos bis zu den Uffizien gestohlen, geplündert und geraubt. Und da fällt auch diese Bücher­sammlung der Familie Esterházy hinein.

Es gibt heute noch Kulturgüter, die nicht restituierbar sind, da es sich zum Beispiel beim Gold des Priamos um eine ganz schwierige Besitzfrage handelt. Wahrscheinlich wird sich das Gold des Priamos, das ja eigentlich an den Zaren verkauft und von der Roten Armee aus Berlin gestohlen wurde, aufgrund ungeklärter Besitzverhältnisse nie mehr bewegen können.

Einen Monat, nachdem ich hier im Bundesrat angelobt worden war, wurde ich zum Me­diator zwischen Deutschland und der Ukraine betreffend Rückführung von von der Ro­ten Armee geraubten Kriegsgütern. Ich habe damals im Auftrag der österreichischen Bundesregierung, nachdem diese Restitution im Wert von 10 Milliarden US-Dollar ge­lungen ist, in Kiew für Österreich die Rede halten dürfen und kann nur sagen, dass ich die Leistung des österreichischen Außenministeriums bewundere. Diese Verhandlun­gen sind blutig, denn es geht auch um die Ehre und um das Verständnis von Sieger­mächten. Aber eines müssen Sieger lernen: dass Kulturgut niemals geraubt werden kann und dass Kulturgut niemals Beute von Siegern eines Krieges sein darf.

Im Ausschuss habe ich gehört – und dafür bin ich auch sehr dankbar –, dass kein Geld geflossen ist. Das ist, so glaube ich, eines der ganz wichtigen Dinge. Und das Window of Opportunity, solch eine Restitution zu schaffen, ist oft nur ganz kurz offen.

Eines muss man jetzt sagen: dass zum Beispiel die Ukraine Österreich einen Katalog mit ungefähr 400 geraubten Kulturgütern übergeben hat, die im Raum Linz bis heute verschollen sind. Dazu gehören unfassbar schöne Gemälde, die nach wie vor nicht da sind. Weiters kommt natürlich auch von der anderen Seite dazu, dass der berühmte Marschall Schukow so viel geraubt hat, dass man, als nach seinem Tod seine Datscha geöffnet wurde, mit dem Inhalt dieser Datscha ein ganzes Museum hätte ausstatten können.

Das heißt, wir haben bis heute noch Hunderttausende dieser Kulturgüter irgendwo. Sie sind geraubt – und Kultur raubt man nicht! Deshalb ist das ein ganz wichtiger Punkt zur Aufarbeitung der Geschichte. Das hat überhaupt nichts mit der Familie Esterházy zu tun, mit ihrer Seriosität oder nicht, sondern es geht darum, dass es eine Restitution von einem Staat an einen Privaten ist. Und das ist auch das völkerrechtliche Prinzip. Eine Restitution von Staat zu Staat gibt es nicht, sonst würde Nofretete noch heute nach Hause kommen. – Ich danke. (Beifall bei SPÖ und Grünen.)

22.29


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gelangt Herr Staatssekretär Dr. Lopat­ka. – Bitte.

 


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