BundesratStenographisches Protokoll817. Sitzung / Seite 147

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16.56.16

Bundesrat Marco Schreuder (Grüne, Wien): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staats­sekretär! Vielen Dank für Ihre Anfragebeantwortung. Ich muss zugeben, ich habe bei einer Stelle ein bisschen schmunzeln müssen und möchte jetzt einem altverdienten Politiker doch noch den Namen zurückgeben. Also der Christian-Borda-Platz ist natürlich der Christian-Broda-Platz. Wenn man noch so jung ist, dann kann man sich vielleicht auch nicht daran erinnern. Aber das war natürlich ein ganz verdienter Justizminister der Zweiten Republik, dem man vielleicht auch seinen korrek­ten Namen wiedergeben sollte. Aber ich gebe zu, dieser Platz ist erst, glaube ich, vor zwei Jahren umbenannt worden, und es ist vielleicht auch nicht so ganz tief in die Gehirnwindungen eingedrungen, dass der Platz da beim Westbahnhof jetzt Christian-Broda-Platz heißt.

Zur Sache: Ich bin ein bisschen irritiert gewesen, muss ich ganz ehrlich sagen, über die offensichtlich abgesprochenen Redebeiträge der zwei FPÖ-Bundesräte Krusche und Jenewein, die nämlich wahrscheinlich nicht zufällig einerseits sagen, wie sehr sie sich auf dem Boden der Demokratie und der Republik befinden, und gleichzeitig drohen, mit einer eigenen Privatexekutive oder dergleichen, die dann wahrscheinlich bewaffnet ist, Selbstjustiz zu üben. Für mich ist das nämlich ein eklatanter Widerspruch. Wenn jemand mit Lynchjustiz oder Selbstjustiz droht, dann finde ich nicht, dass derjenige sagen kann, wir befinden uns auf dem Boden der Republik und der Demokratie, denn das ist nicht Bestandteil eines Rechtsstaates. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

Und das eigentliche Problem ist schon, und deswegen stimme ich auch nicht ganz mit dem überein, was wir heute von der ÖVP gehört haben, dass das jetzt eine reine Faschingsveranstaltung sei. Wir wissen alle, dass der Ball, der früher WKR-Ball hieß, ein Treffen vieler europäischer rechtsextremer Parteien, rechtsextremer Politiker und Politikerinnen, rechtsextremer Kreise und von Burschenschaften war und ist. Der Unter­schied ist, dass ihn früher der Korporationsring organisiert hat. Im vorigen Jahr – an das muss man sich nämlich noch erinnern, das ist ganz wichtig – hat die Hofburg selbst gesagt, das war das letzte Mal, dass ihr den Ball hier veranstaltet, wir wollen diesen Ball nicht mehr hier in der Hofburg. Und dann hat die FPÖ gesagt – jetzt kann man sogar sagen, kluger Schachzug, strategisch gesehen, nicht politisch –, jetzt machen wir den. Somit war man in der Hofburg natürlich auch irgendwo in der Bredouille. Und jetzt findet sozusagen der Nachfolgeball des WKR-Balls, veranstaltet von der FPÖ, in der Hofburg statt.

Das war natürlich auch eine gewisse Provokation. Also man könnte ja sogar anneh­men – ich formuliere es ohnehin vorsichtig –, die FPÖ hat gehofft, dass es – und hier distanziere ich mich auch ausdrücklich – zu Gewalt kam, denn sonst hätte man ja nicht Kameras losgeschickt, wie uns Herr Bundesrat Jenewein bestätigt hat (Rufe bei der SPÖ: Fotographen!), nämlich zuhauf Kameras losgeschickt, um ja jeden Übergriff festzuhalten, um die Fotos dann überall, wo es geht, zu posten, und dann zu schauen, dass man medial ganz groß herauskommt.

Warum die FPÖ das will, ist ja vollkommen sonnenklar. Von der FPÖ haben wir doch in den letzten Monaten überhaupt nichts mehr gehört. (Bundesrat Mag. Klug: Genau! Ruf bei der ÖVP: Die Grünen haben aber auch !) Die Wahrheit ist doch, dass bei den großen politischen Fragen, die die Bürger und Bürgerinnen tatsächlich interessieren, nämlich wie dem Klimawandel entgegengewirkt wird, wie die Europa-Krise bewältigt wird, wie wir die Zukunftsfragen lösen, wie wir mit der Jugendarbeitslosigkeit umgehen, von der FPÖ kein einziges Rezept kommt.

Die einzige Möglichkeit für die FPÖ ist, mit solchen Aktionen und Provokationen medial vorzukommen. Das ist der ganze Hintergrund  mehr ist es nicht. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

 


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