BundesratStenographisches Protokoll818. Sitzung / Seite 39

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„Gemeinsam Verantwortung tragen“ heißt zuerst einmal gar nichts, wenn man es nicht mit Inhalt füllt. Und die Frage ist natürlich, mit welchen Inhalten man einen derartigen Spruch füllen möchte.

Eine Frage, die sich bei dem Slogan „Gemeinsam Verantwortung tragen“ aufdrängt, ist, wem gegenüber man Verantwortung hat. Das ist eine der wesentlichsten Fragen. Je näher der Wahlkampf rückt, umso mehr werden wir wahrnehmen, dass die Verantwor­tung der politischen Mandatsträger und Mandatsträgerinnen weniger den Steuerzahle­rInnen oder den BürgerInnen gegenüber geäußert wird, sondern mehr der internen Parteilogik.

Das fällt ja ohnehin schon auf, das sieht man an allen Ecken und Enden. Und das ist hier auch ein Appell, wenn es um so wichtige Fragen wie das Spekulationsverbot in der Verfassung und dergleichen geht, einfach parteipolitische Brillen abzunehmen. Das sollten wir alle tun, um genau diese Verantwortung zu übernehmen, die wir den Steuer­zahlerinnen und Steuerzahlern gegenüber haben.

Was Sie in Ihrer Rede „Eingriff in die Budgetautonomie der Länder“ genannt haben, würde ich nicht so nennen, ich würde es „Transparenz“ nennen, ich würde es eine Chance nennen, ich würde es eine Möglichkeit nennen, dass Bürgerinnen und Bürger transparent nachvollziehen können, wie es mit der finanziellen Situation in den Ländern aussieht, und diese auch vergleichen können.

Und das, was jetzt nach den Ereignissen in Salzburg vorgeschlagen wird, nämlich das Spekulationsverbot in die Verfassung aufzunehmen, aber auch – und das ist auch einer der umstrittenen Punkte, das wissen wir alle – die einheitliche Vorgabe für Bud­getbilanzen und Rechnungsabschlüsse, die durch das Finanzministerium und durch den Rechnungshof gemacht werden sollen, für alle Länder gleichermaßen einzuführen, ist kein Eingriff in die Autonomie der Budgets der Länder, sondern ein Transparenz­gebot.

Ich glaube, Transparenz ist wichtig, denn – und da bin ich vor allem, muss ich da­zusagen, dem Staatssekretär Sebastian Kurz dankbar für seine Worte – Transparenz ist die Zukunft unserer politischen Handelns und unserer modernen Demokratie im 21. Jahrhundert. Und das betrifft alle Ebenen: Das betrifft die Länder, für die wir hier im Bundesrat sitzen, es betrifft natürlich auch den Bund, und es betrifft die Gemeinden im gleichen Maße.

Es ist zum Beispiel sehr interessant – das ist in Österreich kaum bekannt –, dass eine Stadt in der Slowakei, nicht weit von Wien, die Martin heißt, alles im Internet veröf­fentlicht, was Behörden dort an Papier sozusagen produzieren. Es wird dort alles auto­matisch veröffentlicht. Nicht umsonst hat Transparency International der Stadtgemein­de Martin in der Slowakei deswegen auch einmal einen Preis verliehen. In Österreich sucht man vergebens nach solchen Beispielen. Da sind wir alle gefordert, in diese Richtung zu denken.

Ich bin wirklich Sebastian Kurz dankbar, denn ich glaube, wir müssen das verstärkt auf allen Ebenen diskutieren. Deswegen wollte ich das ins Zentrum meines Redebeitrags hier stellen. Wir brauchen in Österreich eine absolut neue Reform und ein vollkommen neues Denken, was Transparenz und Informationsfreiheit betrifft.

Österreich braucht ein Informationsfreiheitsgesetz, und zwar dringend. Die Bürger und Bürgerinnen sind nicht mehr dieselben wie vor Jahrzehnten. Es gibt neue Technolo­gien. Das Internet ermöglicht vollkommen neue Kommunikation, Nachvollziehbarkeit und dergleichen mehr. Und Österreich muss das Amtsgeheimnis abschaffen, das na­türlich kulturell sehr stark in der Habsburger Zeit verankert war. Man denke nur an Franz Kafkas Roman „Das Schloss“, das nicht grundlos in der Zeit der k.u.k. Monarchie in Prag entstanden ist. Also wir müssen ganz dringend dieses Amtsgeheimnisses ab-


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