BundesratStenographisches Protokoll818. Sitzung / Seite 112

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Das kann es aber wohl nicht sein, dass das so unterlaufen wird, noch dazu, ehrlich ge­sagt, so frech, nämlich mit einem Cent weniger. Es ist wirklich eine Frechheit jedem gegenüber, zu sagen: 100 000 € wären die Grenze, wir machen es eben mit einem Cent weniger!

Was wird sonst noch kritisiert? – Diese Art der Vergabe wird laut Rechnungshof allzu oft verwendet. 2010, sagt der Rechnungshof, sind rund 45 Prozent des geprüften Ver­gabevolumens von fast 9 Millionen direkt vergeben worden, also unter Umgehung der Ausschreibung. In 39 Prozent der Fälle ist kein Vergleichsangebot eingeholt worden. In 29 Prozent der Fälle ist nicht einmal geprüft worden, ob der Auftrag überhaupt notwen­dig ist.

Und diese Liste geht weiter: Wahl des falschen Vergabeverfahrens, fehlender oder nicht nachvollziehbarer Auftragswert, Leistungsbeginn vor einem schriftlichen Auf­trag – also man hat mit der Leistung schon angefangen, und dann hat man den Auftrag offensichtlich irgendwie dazugestrickt –, mangelhafte Leistungsdokumentation und auch mangelhafte Leistungsverrechnung. Da wird unter anderem sehr konkret kritisiert, dass ein Auftrag für strategisch-politische Beratung – was immer das ist, strategisch-politische Beratung – ohne Ausschreibung an die Firma Headquarter vergeben wurde. Und das ist jetzt wieder ein interessanter Fall, weil an der Firma Headquarter der ehe­malige Kabinettschef von Minister Strasser beteiligt war, und diese Firma hat auch noch Wahlkämpfe für die ÖVP ausgerichtet.

Also da ist die Optik mehr als schief, und da muss man zu dem Schluss kommen, das ist in Wirklichkeit ein einziges Sammelsurium, wo einer dem anderen Aufträge zu­schiebt, und dann funktioniert die ganze Sache schon. Aber wir reden hier immer, ich möchte daran erinnern, vom Geld des Steuerzahlers, weil das ja alles aus Steuergel­dern finanziert wird.

Und dieser Kabinettschef Ulmer musste ja auch im parlamentarischen Untersuchungs­ausschuss wegen der Vergabe zum Beispiel des Blaulichtfunk-Projektes Rede und Ant­wort stehen, wo auch Korruptionsvorwürfe im Raum gestanden sind.

Ein weiterer Vorwurf ist die Direktvergabe eines PR-Auftrags, also Public-Relations-Auftrags, also Werbung, über 140 000 € – das betrifft nicht Sie, Frau Minister, sondern Ihren Vorvorgänger, nämlich den jetzigen Landeshauptmann von Tirol Günther Platter. Und das Argument dafür, dass das so war – diese Vergabe über 140 000 € ist natürlich auch wieder ohne Ausschreibung erfolgt –, ist, dass keine andere Firma das hätte ma­chen können. Es findet sich also in ganz Österreich keine andere Firma, die das ma­chen könnte, daher braucht man gar nicht fragen, ob es ein Vergleichsangebot gibt, sondern kann das auch freihändig vergeben.

In Summe gibt das Innenministerium viel mehr Geld aus als alle anderen Ministerien. 2010 waren es immerhin 72 Millionen für 15 000 Beschaffungsfälle, und die meisten davon sind freihändig vergeben worden; immer so, dass man knapp unter der Grenze bleibt – und das noch dazu ohne begleitende Kontrolle. Da ist nichts kontrolliert wor­den, wie der Rechnungshof festgestellt hat.

In den Medien wird der Rechnungshof zitiert: „,Das BMI‘“ – Bundesministerium für In­neres – „,hatte keinen vollständigen und verlässlichen Überblick über sein Beschaf­fungsvolumen‘, stellen die Prüfer gleich eingangs fest. Auch eine ,regelmäßige, risiko­orientierte Kontrolle ausgewählter Beschaffungen‘ fehle. In sechs Jahren führte die in­terne Revision demnach nur eine einzige Prüfung im Beschaffungsbereich durch.“

Also das Geld sitzt bei Ihnen offensichtlich schon sehr locker in der Tasche.

360 000 € sind ebenfalls ohne Ausschreibung für strategische Beratung und Coaching aufgewendet worden. Also nicht nur, dass man viel Geld in die Hand genommen hat ohne begleitende Kontrolle, ohne Vergabe, ohne Einholung von Vergleichsangeboten,


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