BundesratStenographisches Protokoll819. Sitzung / Seite 141

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geschätzte KollegInnen, und von Steuergerechtigkeit sprechen, dann muss ich sagen, das versteht keiner. (Beifall des Bundesrates Schreuder.)

Das versteht niemand, der ein Sparbuch hat und da 25 Prozent KESt abführen muss oder der sonstige Veranlagungen hat und seine Steuern abführt. Dies im Gegensatz zu jenen, die undurchsichtige Konstrukte wählen. Und diese Konstrukte sind ja nicht ille­gal, das muss man ja auch erwähnen, diese Konstrukte wurden von der internationalen Staatengemeinschaft teilweise verabschiedet, und auch in diesem Haus hat es ja Zustimmung zu dem einen oder anderen Konstrukt gegeben. Das sind legitime For­men, wie man steuerschonend sein Geld im Ausland veranlagen kann.

Und ich verstehe nicht, warum man von Steuerflüchtlingen spricht. Das sind keine Steuerflüchtlinge, die müssen nicht flüchten, die sind keiner Bedrohung ausgesetzt. Das, was die betreiben, ist Sozialbetrug, Sozialbetrug und nichts anderes, weil sie den Staat, die Nationalstaaten schwächen, weil sie Einnahmen, die dem Staat zustehen würden, die wir für die Bildung, für den Sozialbereich und so weiter brauchen, einfach nicht aufbringen. Das ist Sozialbetrug und nicht Steuerflucht. Und das wird teilweise Hand in Hand mit den Finanzinstituten und mit den Banken organisiert, verwaltet und auch erleichtert.

Dies ist ja nichts Neues, wir wissen ja schon seit Jahren, ja Jahrzehnten, dass es der­artige Konstrukte gibt. Das Neue ist jetzt allerdings, dass durch diese Offshore-Leaks, die ja in den letzten zwei Tagen in den Zeitungen publik waren, jetzt ganz konkrete Na­men genannt werden. (Zwischenruf des Bundesrates Günther Köberl.)

Es sind über 2,5 Millionen Dokumente gefunden worden, 130 000 Personen aufgeteilt auf über 180 Nationen. Diese wurden investigativen Journalisten zugespielt, und die sind einem Kodex verpflichtet – und das rechne ich ihnen ganz hoch an, dass sie die Quelle nicht preisgeben. Das ist die Aufgabe der Behörde, an diese Informationen he­ranzukommen. Die Journalisten, die das aufgedeckt haben, sind kooperationswillig, aber sie werden nicht die Quelle preisgeben, und das ist ihnen auch sehr hoch anzu­rechnen. (Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Winzig.)

Kollegin Winzig hat völlig recht, es sind nicht alle Steuerbetrüger, das habe ich auch nicht gesagt, aber es sind Unsummen an Beträgen, wo die Herkunft doch sehr fraglich ist. Ich glaube, da sind wir uns schon einig. Ich kenne keinen Arbeiter, der zig Millionen auf die Seite legen kann, sondern das sind Gelder aus Drogengeschäften, aus Waf­fengeschäften, wo Steuerhinterziehung betrieben wird, von Spekulanten, und diese sind in den Steuerparadiesen steuerschonend gebunkert, mit Duldung der internatio­nalen Staatengemeinschaft.

Das sind Gelder, die uns gerade in der Zeit der Krise abgehen, wo wir doch Maßnah­men gegen die Arbeitslosigkeit setzen sollten. Wir haben doch heute am Vormittag dis­kutiert, wie wichtig es ist, dass wir gegen die Arbeitslosigkeit ankämpfen, dass die bes­te Sozialabsicherung ist, Arbeitsplätze zu schaffen. Gerade wenn man sich Spanien, Portugal, Griechenland und viele, viele andere Länder ansieht, wo die Jugendarbeits­losigkeit relativ hoch ist, ja fast bei 50 Prozent liegt, wenn nicht teilweise höher, und man sich dann ansieht, welche Beträge da herumliegen, vorbei an den Nationalstaa­ten, dann, muss ich sagen, ist doch eine massive Schieflage gegeben. Und das muss man auch ansprechen, dass mit Briefkastenfirmen, mit undurchsichtigen Veranlagun­gen, mit Offshore-Konten, mit Trusts Millionen steuerschonend an den Nationalstaaten vorbeigeschmuggelt werden.

Die Schätzung von Tax Justice Network aus dem Jahre 2012 belegt das auch. Es sind in etwa 21 bis 32 Billionen US-Dollar in Steueroasen veranlagt, und dadurch entgehen den Staaten 280 Milliarden € an Steuern. 280 Milliarden €! Das sind keine Peanuts, da kann man vieles bewegen. Und die Politik und die Politiker, die in den nationalen Par-


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