BundesratStenographisches Protokoll822. Sitzung / Seite 66

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sen ihm wirklich immer noch dankbar sein. Es gibt ja noch ältere Generationen, die sich an so etwas wie Sittenpolizei erinnern, wo also wirklich der Staat in die Schlafzim­mer hineingeschnüffelt hat, um eine Moralvorstellung durchzusetzen, die uns heute absurd vorkommt. Aber das ist noch gar nicht so lange her, das möchte ich nur betonen.

Da wir ja in der Politik, logischerweise, wenn wir von Sexualität sprechen, auch meis­tens vom Strafrecht sprechen und von dem, was schlimm ist, muss natürlich auch ganz klar immer noch das politische Credo sein: Wenn Ausbeutung, Missbrauch, Menschen­handel, all das, was wir heute behandeln, geschehen, dann ist das abzulehnen! Bei der freiwilligen Sexualität, wo früher – noch vor 40 Jahren! – in der Politik noch mit einer Moralkeule vorgegangen wurde, ist das zum Glück heute nicht mehr so. Und man muss auch die Sexualität manchmal von der Politik her bejahen – wir tun das ja sehr selten. Dass es gut ist, in einem freien Land zu leben, auch das sollte einmal gesagt werden, denn das tun wir sonst nie. – Danke schön. (Beifall bei Grünen und SPÖ.)

12.18


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Novak. – Bitte, Herr Kollege.

 


12.18.12

Bundesrat Günther Novak (SPÖ, Kärnten): Hohes Präsidium! Sehr geehrte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Vieles wurde schon gesagt, einiges sollte vielleicht von meiner Seite noch hinzugefügt werden.

Mit dem Sexualstrafrechtsänderungsgesetz werden die Richtlinien der EU zur Bekämpfung des Menschenhandels und des sexuellen Missbrauchs von Unmündigen umgesetzt. Positiv ist weiters zu erwähnen, dass es hinkünftig einen besseren Schutz von wehrlosen beziehungsweise psychisch beeinträchtigten Personen vor sexuellem Missbrauch gibt. Das vorliegende Gesetzespaket bringt sehr, sehr viele grundsätzliche Verbesserungen.

Besonders möchte ich darauf hinweisen, dass es zur Ausdehnung bei besonders schwerem Missbrauch kommt und auch der Tatbestand der Anbahnung von Sexual­kontakten zu Unmündigen verschärft wird. Leider herrscht aber nach wie vor eine gewisse Diskrepanz zwischen den Strafrahmen, die bei Vermögensdelikten, und jenen, die bei Delikten gegen Leib und Leben zur Anwendung kommen. Hier besteht meiner Meinung nach durchaus Nachbesserungsbedarf.

Viele von Ihnen werden sich sicher noch an die skandalöse Fußfesselentscheidung erinnern, bei der ein Mann, der jahrelang eine ihm anvertraute Jugendliche sexuell missbraucht hat, bloß eine Zeitlang mit einer Fußfessel herumlaufen musste. Das diesem Mädchen zugefügte psychische Leid steht damit wohl in keiner Relation zu der über den Täter verhängten Strafe. Dass so etwas in der Bevölkerung auf Unverstän­dnis stößt und für Unmut sorgt, versteht sich von selbst – das ist fast logisch!

Der Gesetzgeber hat nach solchen Vorfällen einfach zu handeln. Es darf keinesfalls der Eindruck entstehen, dass sexuell strafbare Handlungen bloß ein Kavaliersdelikt sind. Das mag ohnehin noch in manchen Köpfen drinnen stecken, aber der Gesetz­geber darf so einem Denkansatz in keinem Fall durch zu milde Strafen Vorschub leisten. Daher ist es begrüßenswert, wenn es im Sexualstrafrecht nun zu einer Ver­schärfung kommt, die beispielsweise bei einer Vergewaltigung eine Mindeststrafe von einem Jahr vorsieht.

Das Sexualstrafrecht war in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand von Novellen. Diese trugen den Veränderungen der gesellschaftlichen Werte und Rollen­bilder Rechnung. Das ist in Ordnung und gut so.

 


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