BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 30

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9.08.16

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrter Herr Vizekanzler! Sehr verehrte Mitglieder der Bundesregierung! Sehr verehrte Damen und Herren des Bundesrates! Sehr verehrte Damen und Herren Mitarbeiter und Gäste! Ich bedanke mich für die Möglichkeit, unser Regierungsprogramm in groben Zügen an ei­nem Tag vorstellen zu dürfen, an dem ich am Nachmittag Österreich im Europäischen Rat vertreten werde – im Europäischen Rat, in dem die Regierungsvertreter aller Mit­gliedsländer zusammenkommen, um die Frage zu stellen, wie man in einer Wirt­schaftskrise gemeinsam durch Solidarität und Stärkung der Gemeinsamkeit, auch kla­rer gemeinsamer Spielregeln, etwas erreichen kann, um wieder in einen Aufschwung zu kommen.

Wir wissen, dass manche von einer Trendwende sprechen, weil für nächstes Jahr in der Eurozone ein Wachstum von 0,4 Prozent prognostiziert ist. Die Prognose ist für Österreich besser, aber in diesem gemeinsamen Europa sind 0,4 Prozent natürlich zu wenig, um wirklich von einer Trendumkehr sprechen zu können. Die Einnahmen, die sich bei einem Wachstum von 0,4 Prozent ergeben, reichen bei Weitem nicht aus, Spielräume für Investitionen freizumachen, die wir so dringend in diesem gemeinsa­men Europa bräuchten.

Welche Aufgabe hat also Österreich? Und welche finanziellen und budgetären Rah­menbedingungen hat Österreich für die nächsten Jahre zu setzen, um in diesem Euro­pa ein stabiler Faktor zu sein und gleichzeitig ein Partner im europäischen Team? Ein stabiler Faktor zu sein, heißt, dass die Entwicklung unserer Finanzen, trotz einer Situation, wo wir nicht von einer Trendumkehr in Europa sprechen können, bis 2016 zu einem strukturellen Nulldefizit führen muss, um gemeinsam mit Deutschland, den Nie­derlanden und wenigen weiteren Ländern in Europa im Spitzenfeld zu bleiben, bei Fragen der finanziellen Rahmenbedingungen und bei dem, was man stabile Finanzen im Vergleich zur Wirtschaftskraft nennt.

Wenn wir in doch schwierigen Zeiten dieses strukturelle Nulldefizit erreichen wollen, dann können wir nicht jedem, der bisher eine Subvention oder eine Förderung be­kommt, eine regelmäßige Teuerungsabgeltung geben, wenn wir nicht irgendwelche Umschichtungen vornehmen. Das ist ja leicht nachrechenbar, dass man bei einem Wachstum in Österreich von heuer 0,4 Prozent, nächstes Jahr vielleicht etwas mehr, nicht jedem 2 Prozent  oder manche sagen, die Teuerung ist mehr als 2 Prozent, es gibt Warenkorbrechnungen bis zu 3 Prozent  oder gar 3 Prozent mehr geben kann. Wo soll das herkommen?

Daher bleibt für eine Verantwortungspolitik der Bundesregierung die Aufgabe zu bewäl­tigen, wie man durch Sparsamkeit in öffentlichen Haushalten, durch Umschichtungen – manches Mal muss man auch etwas streichen – liebgewordene Gewohnheiten anspre­chen und auch verändern kann.

Nun ist jeder Österreicher – und ich bin überzeugt, auch Sie, verehrte Bundesräte , wenn man sagt: Seid ihr dafür, dass man Reformen macht?, einmal prinzipiell dafür. Aber wir wissen ja, wie rasch sich diese Bereitschaft zur Änderung von liebgewordenen Gewohnheiten ändert, wenn es eine Gruppe betrifft, in der man selbst ist, auch als poli­tischer Interessenvertreter, als verantwortlicher Politiker.

Also ist es eine Aufgabe, die so logisch klingt, aber so schwierig ist, durch konsequente Maßnahmen das Budget so in Ordnung zu halten, dass der Herr Vizekanzler und Fi­nanzminister uns dann 2016 diese Botschaft: Wir haben es geschafft!, auch sagen kann. Bis dahin ist ein harter Weg mit vielen Gegensätzen und Widersprüchen zu ge­hen.

Wir haben das jetzt etwa bei den Verhandlungen mit den Interessenvertretern des öf­fentlichen Dienstes erlebt. Wir haben ursprünglich mündlich für zwei Jahre einen Bei-


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