BundesratStenographisches Protokoll825. Sitzung / Seite 65

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Staatssekretär! Meinem Kollegen Hans-Jörg Jenewein höre ich immer sehr gerne zu. Er pointiert sehr treffend, er analysiert perfekt – dem ist nichts hinzuzufügen.

Genauso gerne – deswegen habe ich mich für eine kurze Rede zu Wort gemeldet – habe ich hier im Bundesrat aber auch dem parteifreien, exzellenten Universitätsprofes­sor Töchterle zugehört. Ich kenne ihn auch aus anderen Ausschüssen, bei denen ich als Zuhörer im Plenum gesessen bin.

Herr Vizekanzler, Sie haben angesprochen, dass die Grundlagenforschung wichtig ist. Aber Herr Töchterle ist ein exzellenter Geistes- und Kulturwissenschaftler. Und wenn ich in dieses wunderschöne Plenum blicke und den ganzen Parlamentarismus be­trachte, muss ich sagen: All das ist Geisteswissenschaft! Die Geisteswissenschaft soll­te man also nicht hintanstellen. Man sollte das eher als Aufforderung betrachten, diese zu fördern und positiv darauf einzuwirken.

Herr Wissenschaftsminister Töchterle hatte sehr gute Mitarbeiter. Sie haben damals, wenn ich das sagen darf, in Ihrer Regierung nicht so gute gehabt und haben sie auch jetzt nicht, vor allem nicht solche, die eine ihrer Funktion entsprechende Ausbildung haben. Solch eine Wissensmacht ist die ÖVP bei Gott nicht, um einen Wissenschafts­minister Töchterle so leicht vorzugeben. Das darf ich persönlich in meiner Position als Mitglied des Wissenschaftsausschusses im Bundesrat hier anmerken.

Ein anderer Grund dafür, dass ich mich zu Wort gemeldet habe – Sie haben es ange­sprochen, Herr Bundeskanzler, offensichtlich ist Ihnen das ein Anliegen; Sie, Herr Vize­kanzler, sind im Rahmen Ihrer ersten Rede auch darauf eingegangen –, ist der Finanz­markt. Der Finanzmarkt findet im Regierungsprogramm erstmals Beachtung. Daher glaube ich, dass man auf die Wiener Börse Wert legt. Die Wiener Börse dient ja be­kanntermaßen zur Finanzierung der österreichischen Unternehmenslandschaft, der Groß-, aber auch der Mittelbetriebe.

Ich darf dieses Regierungsprogramm und Ihre Argumentation – von Ihnen, sehr geehr­ter Herr Bundeskanzler, und auch vom Herrn Vizekanzler – zusammenfassen: Sie wol­len das Geld zum Staat lenken. Wir Freiheitlichen wollen das Geld zur Wirtschaft, in die Wirtschaft lenken. Das ist der Hauptunterschied zwischen Ihrem Regierungsprogramm und unseren oppositionellen Ansichten und Analysen. Es kann nicht sein, dass die Wirtschaft heute mit solch enormen Belastungen, mit solch großen bürokratischen Hemmnissen und Hindernissen konfrontiert ist, dass man gar nicht zum Arbeiten kommt. Und wenn Sie, sehr geehrter Herr Vizekanzler, sagen, man solle doch die Un­ternehmer arbeiten lassen, dann tun Sie es doch!

Sie sagen, Sie helfen den Unternehmen durch Förderungen. Aber wenn Sie Förde­rungen versprechen, dann ist das ja auch wieder – wie soll ich sagen? – eine Art Klien­telwirtschaft. Da muss man sich anstellen, da muss man Förderungsformulare unter­schreiben, da muss man argumentieren – und wieder bekommt nur eine lobbyistische Schicht diese Förderungen. Nein! Lassen Sie das Geld bei jenen, die es erwirtschaf­ten! Lassen Sie das Geld bei jenen, die zum Wirtschaftswachstum Österreichs produk­tiv beitragen! (Bundesrat Füller: Sie vergessen auf die Arbeitnehmer!) Darum geht es. Mit Ihrer Politik erreichen Sie kein Wirtschaftswachstum.

Sie, sehr geehrter Herr Bundeskanzler, haben gleich zu Beginn Ihrer Ausführungen die Staatsanleihen angesprochen, und da muss man einmal das Trio Infernale anspre­chen: Das sind dieser Euro, die Staatsverschuldung, die Sie ja verteidigen, und die Staatsanleihen, mit denen Sie das Ganze refinanzieren wollen. Ja, Sie sagen richti­gerweise, 80 Prozent der Staatsanleihen werden bereits im Ausland emittiert, weil im Inland gar nicht mehr das Kapital vorhanden ist, diese gewaltigen Summen zu finan­zieren: Lenken Sie dieses Geld doch nicht in den Staatsmolochapparat! Bitte, lenken Sie das Geld in die Wirtschaft! Lenken Sie es in die Unternehmenslandschaft! (Zwi-


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