BundesratStenographisches Protokoll829. Sitzung / Seite 56

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Ein weiteres Vorhaben ist das bessere Internet für Kinder. Da habe ich mich schlau gemacht, wer unter „Kinder“ fällt. In der Fußnote steht, „Kinder“ sind „alle Menschen im Alter unter 18 Jahren“. Ich glaube, dass das Internet, das ja heute über Handy, Com­puter, über alle möglichen Medien erreichbar ist, tatsächlich eine Gefahr darstellt. Und ich glaube nicht, dass es ausreichend ist, mit Workshops und Bewusstseinsbildungen, was die Eltern, Erzieher oder Lehrer anlangt, zu arbeiten, dass man das in den Griff bekommen kann, ohne dass man tatsächlich in den öffentlichen Zugang gewisser Programme eingreift.

Das Hauptthema, das mich auch ganz besonders interessiert, ist die Jugendgarantie, über die gesprochen wird. Auf der ersten Seite heißt es im Vorwort von Minister Mitterlehner:

„Gerade die Wirtschafts- und Finanzkrise hat aber gezeigt, dass viele weitere Fragen, insbesondere die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit und der Aus- und Weiter­bil­dung zunehmend auch auf europäischer Ebene behandelt und gelöst werden müs­sen.“ – No na, net.

Europas Politiker haben diese Jugendarbeitslosigkeit offensichtlich sehr lange ignoriert, und jetzt sollen zirka 45 Milliarden € für den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit in die Hand genommen werden. Es gab bereits zwei Konferenzen mit Rat, Kommission, Arbeits- und Sozialminister haben daran teilgenommen. Sie sollen ein Zeichen setzen, dass sie dieses Problem tatsächlich ernst nehmen.

Meiner Überzeugung nach kommt diese Rettungsaktion eindeutig zu spät. Seit Beginn der Wirtschafts- und Finanzkrise vor fünf Jahren ist die Zahl der erwerbslosen Jugendlichen beinahe unaufhörlich gestiegen. Rund 5,5 Millionen Arbeitslose unter 25 Jahren gibt es mittlerweile in der EU, und in zwölf europäischen Ländern hat die Quote inzwischen die 25-Prozent-Marke überschritten. In Griechenland und Spanien sind mehr als 55 Prozent der arbeitsuchenden 15- bis 24-Jährigen ohne Job. Für sie ist Europa kein Symbol der Hoffnung mehr – wie noch für ihre Eltern und Großeltern. Sie fühlen sich von Europa im Stich gelassen und wenden sich ab. Dass in Europa eine verlorene Generation heranwächst, wird vielen Politikern leider erst jetzt bewusst.

Ich selbst habe in Portugal die Möglichkeit gehabt, in persönlichen Gesprächen fest­zustellen, dass das nicht einfach nur so dahergesagt ist, sondern dass das Tatsache ist, traurige Tatsache.

45 Milliarden € wollen also die EU-Länder im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit aufbringen. Das schaut auf den ersten Blick nach einer gewaltigen Summe aus, aber wenn man einen Vergleich anstellt, dann sieht man, wie wenig das eigentlich ist. Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft stellten die EU-Staaten in den vergangenen fünf Jahren 3,2 Billionen € zur Rettung der Banken zur Verfügung, in Form von Bürgschaften oder Eigenkapitalspritzen.

Beim Ziel der sogenannten Jugendgarantie, nämlich dass kein Jugendlicher künftig länger als vier Monate auf einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz warten muss, gibt es schon das erste Problem: Die Mitgliedsländer müssen nämlich die Fonds mitfinan­zieren, vor allem in den Krisenländern fehlt dafür jedoch das Geld.

Problem Nummer zwei ist die Situation auf dem Arbeitsmarkt der Länder. Die Jugend­arbeitslosigkeit ist kein Phänomen, das einfach so geschieht, sondern es hängt auch mit der allgemeinen Beschäftigungslage zusammen. In Griechenland, Spanien, Portu­gal und Frankreich gibt es derzeit einfach nicht genug Arbeitsplätze, weder für junge noch für ältere Suchende. Die neuen Fördergelder bedeuten daher womöglich sogar eine Gefahr: Staatlich organisierte Beschäftigungsmaßnahmen mögen zwar kurzfristig Entlastung schaffen und die offizielle Arbeitslosenzahl senken, das tatsächliche Prob-


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