Dieser Bericht bietet aber natürlich auch Gelegenheit, ein aktuelles Thema anzusprechen. Dabei geht es mir jetzt nicht nur um die immer wieder vorkommenden Spekulationen über allfällige unsachliche politische Einflussnahme. Das gehört bei dieser Diskussion natürlich dazu, aber es geht mehr prinzipiell um die aktuelle Thematik der Reform des Weisungsrechtes.
Herr Bundesminister, Sie haben ja gleich bei Ihrem Amtsantritt diesem Thema eine gewisse Bedeutung verliehen. Sie waren eigentlich schon immer für eine Reform des Weisungsrechtes in der derzeitigen Form, um das Vertrauen in die Justiz zu stärken.
Ich glaube aber, dass es bei einem so wichtigen rechtsstaatlichen Thema zentral ist, mit der nötigen Ruhe und mit einer Gelassenheit heranzugehen, um eine entsprechende solide Lösung erarbeiten zu können, die schlussendlich einen möglichst breiten Konsens haben soll. Sie haben das getan, Sie haben rasch eine hochkarätige Expertenkommission eingesetzt, die ohne Vorgaben verfassungskonforme Reformvorschläge erarbeiten soll.
Es gibt natürlich für so eine Reform des Weisungsrechtes verschiedene Alternativmöglichkeiten. Einen Weisenrat haben Sie bereits eingerichtet, der unter anderem in Fällen der Befangenheit einbezogen wird. Das ist sicher ein richtiger Schritt. Manche sind mit einer solchen Reform nicht ganz zufrieden und fordern eine gänzliche Abschaffung dieses Weisungsrechtes. Warum eigentlich? (Bundesrat Schreuder: Das sagen wir dann!) – Ich glaube dir, dass du es dann sagen wirst.
Staatsanwälte sind ja keine Richter. Sie entscheiden, ob gegen bestimmte Personen eine Anklage erhoben wird, ob Untersuchungen im Vorfeld geführt werden sollen. Natürlich haben viele von uns bei dem Wort „Weisungsrecht“ immer noch vor Augen, dass mithilfe von Weisungen auch politisch unliebsame Erhebungen oder Anklagen abgewürgt werden. Solche Fälle hat es insbesondere in den siebziger Jahren immer wieder gegeben.
Was würden aber jene Leute, die so vehement für die gänzliche Abschaffung des Weisungsrechtes eintreten, sagen, wenn ein Staatsanwalt beispielsweise in einem Fall, der objektiv geradezu nach Aufklärung schreit, untätig bleiben würde? Oder was würden Sie sagen, wenn ein Staatsanwalt in schwierigen Fällen sich verzetteln und andere Aufgaben dann vernachlässigen würde oder wenn er selber aus politischen Motiven gegen eine Person vorgehen würde?
Das Weisungsrecht ist also aus meiner Sicht prinzipiell sicher nichts Schlechtes, und eigentlich gibt es, auch wenn man die anderen Rechtsordnungen anschaut, nicht wirklich eine Alternative dazu. In praktisch allen fortgeschrittenen Rechtsstaaten sind die Staatsanwaltschaften auch weisungsgebunden. Die Frage ist höchstens, wer so eine Befugnis hat. (Bundesrat Schreuder: Genau!) Diese Frage kann man natürlich stellen. Wer kann so eine Weisung erteilen? Diese Frage ist sicher legitim.
Der Minister hat jetzt eben diesen Weisenrat eingeführt, der für eine gewisse Objektivierung sorgen soll. Die Alternative dazu wäre, wenn die oberste Leitung der Staatsanwaltschaften einer unabhängigen Person übertragen wird, also eine Art Generalstaatsanwalt geschaffen wird, wie beispielsweise in der Schweiz der Bundesanwalt, der dort vom Parlament gewählt wird.
Diese Wahl dürfte dann allerdings, und das müssen wir im Bundesrat festhalten, nicht vom Nationalrat allein, sondern auch wie in der Schweiz von Nationalrat und Bundesrat entschieden werden. Schließlich ist dieser Bundesanwalt, wie man ihn auch immer nennt, in der Schweiz als Beispiel auch eine Einrichtung des Gesamtstaates. Dann wird er aber auch wieder politisch. Das ist eine Frage, die man sich stellen muss.
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite