BundesratStenographisches Protokoll832. Sitzung / Seite 139

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Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Herbert. – Bitte, Herr Kollege.

 


16.21.39

Bundesrat Werner Herbert (FPÖ, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Herr Justizminister, ich anerkenne den Umstand, dass Sie uns hier leider nur ersatzweise, an Stelle der Frau Innenminister, zur Verfügung stehen und dass Sie uns natürlich ob der Komplexität dieses Themas wahrscheinlich hier nicht die gewünschten Auskünfte in entsprechender Präzision geben könnten. Aber das, was Sie uns an Antworten gegeben haben, ist, so meine ich, doch eine eher dürftige Angelegenheit. Ich hätte mir schon zumindest mehr erwartet, nämlich wenn es insbesondere um die Frage geht, wie es mit der Setzung von Maß­nahmen gegen diese missbräuchlichen Doppelstaatsbürgerschaften, in Bezug auf den Austausch der Daten für die Bekämpfung dieser strafrechtlich relevanten Tatbestände aussieht.

Es gibt ja in anderen Bereichen der Kriminalitätsbekämpfung mit vielen anderen Staaten ähnlich gelagerte Abkommen. Da hätte ich mir zumindest erwartet, dass man sagt, ja, man versucht zumindest, hier so ein Abkommen in Gang zu setzen, so ein Abkommen zustande zu bringen, damit man zumindest für die Zukunft eine Option hat, das abstellen zu können. Das ist offensichtlich nicht der Fall, vielleicht auch gar nicht gewünscht – das weiß ich nicht, das interpretiere ich jetzt einmal so.

Und auch was die Maßnahmen betrifft, wie man dem von unserer Seite zukünftig begegnen könnte, so weiß ich schon, nicht vorhandene Informationen sind immer eine schlechte Ausgangsbasis, aber nur zu sagen: Ja, das ist nun einmal so, die anderen geben uns die Informationen nicht, und wir sitzen nun einmal so da, und daher machen wir einmal nichts!, das ist eine Zukunftsoption aus sicherheitspolizeilicher Sicht, die ich auch nicht so zur Kenntnis nehmen möchte. Immerhin ist das ja nicht nur ein vordergründiges Problem von unterschiedlichen Rechtslagen in verschiedenen Staa­ten – nämlich im konkreten Fall zwischen Österreich und der Türkei, weil hier auch der Besuch von Erdoğan angesprochen wurde –, sondern es betrifft ja auch die Frage: Wie gestalte ich Integrationspolitik?

Wenn ich sehe, dass von den Inhabern der insgesamt 120 549 erteilten Staatsbürger­schaften dem Vernehmen nach 80 000, also zwei Drittel, eine Doppelstaatsbürger­schaft besitzen sollen und damit konkret nicht nur gegen österreichisches Recht verstoßen, sondern auch gegen den Willen, die eigene heimatliche Vergangenheit zurück­zulassen und in Österreich neue Wurzeln zu schlagen und hier nicht nur das österreichische Recht zu achten, sondern auch quasi der Republik Österreich und dem Land hier eine entsprechende Wertschätzung im Sinne des Beginnen eines neuen Lebensabschnittes entgegenzubringen, dann denke ich schon, dass das gerade in Bezug auf die Integrationspolitik doch ein wichtiges Faktum ist und dass daher nicht allein, und losgelöst davon, nur die strafrechtliche Komponente dessen zu betrachten ist. Ich sehe es nämlich schon so, dass das nicht so passiert, dass man eben sagt: Na, jetzt fliegt mir quasi die alte Staatsbürgerschaft, nachdem ich die neue, österreichische Staatsbürgerschaft erhalten habe, schwuppdiwupp wieder in den Schoß!, sondern es werden ja aktive Schritte gesetzt, damit man seine alte – in dem Fall, wie ange­sprochen, die türkische – Staatsbürgerschaft wiedererlangen kann.

Ich denke, das ist schon ein Fall, wo man sich legitimerweise nicht nur die Frage zu stellen hat: Geht man so mit seiner neuen österreichischen Heimat um – wissend, dass man damit nicht nur gegen österreichisches Recht verstößt, sondern dass man damit seiner neu gewonnenen Heimat quasi nicht gerade wertschätzend begegnet?, denn ich orte hier auch, dass man die eigenen, die alten Wurzeln, das, wo man herkommt, bewusst nicht verlassen möchte und die österreichische Staatsbürgerschaft nur zu


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