BundesratStenographisches Protokoll834. Sitzung / Seite 32

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

auch fragen, ich finde das ganz wichtig, wenn man über eine neue Bundesregierung spricht: Welche Macht – diese Frage muss man sich ganz offen stellen – hat eine Bundesregierung im 21. Jahrhundert in einer vollkommen globalisierten Welt?

Das ist eine Frage, die sich natürlich viele stellen, auch die vielen Regierungsmit­glie­der, da die Erwartungshaltung von vielen Menschen ja noch immer ist: Die Regierung wird es schon richten! – So ungefähr gibt es das sehr oft. Die Befugnisse in einer globalisierten Welt oder die Möglichkeiten in einer globalisierten Welt sind immer enden wollender geworden. Das war ja auch einer der Gründe dafür, dass Österreich vor 20 Jahren der Europäischen Union beigetreten ist. Ich halte das immer noch für die richtige Entscheidung, um in dieser komplexer gewordenen Welt, in einer globalen Welt auch eine Stimme zu haben als Global Player. Und wenn man als Österreicher oder Österreicherin international eine Stimme haben will, dann funktioniert das natür­lich über die Europäische Union.

Die Aufgaben, die nur global und gar nicht auf der nationalen Ebene zu bewältigen sind, sind enorm. Mein Kollege Dönmez hat den Klimawandel schon genannt, die Not­wendigkeiten beim Umweltschutz und die Fragen: Wie wirtschaften wir zukünftig? Wie schaffen wir Arbeitsplatzsicherheit mit enden wollenden Ressourcen? Eine ganz ent­schei­dende Frage, die sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sicher stellen wird, ist: Wie wird diese Wirtschaft funktionieren? Überrollt sie die Menschen oder dient sie den Menschen? Das ist eine ganz entscheidende Frage, die sich seit der Krise 2008 viele Menschen stellen, die nicht mehr das Gefühl haben, dass die Wirtschaft sozusagen der Menschheit dient, wie ursprünglich gewollt. Man hat die Arbeitsteilung erfunden, weil sie praktisch ist, und durch die Arbeitsteilung ist in den ersten Zivili­sationen Wirtschaft entstanden. (Zwischenruf des Bundesrates Pisec.) – Bitte? Ich habe es nicht verstanden. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Pisec.) – Genau. Okay. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ja, sehe ich auch so.

Als dritten Bereich möchte ich hier schon auch noch die große Kommunikations­revolution ansprechen, die wir erleben, nämlich durch das Internet. Das Internet hat nicht nur große globale Datenschutzfragen und geheimdienstliche Fragen aufgeworfen, das Internet hat natürlich auch grundsätzlich die Demokratie entwickelt, sagen wir einmal so. Menschen haben ein neues Tool bekommen, in dem sie mitreden können, auch mitreden wollen; manchmal konstruktiv, manchmal auch gar nicht konstruktiv, auch das ist hier zu beobachten.

Das Internet ist eine völlig neue globale Entwicklung der Kommunikation, der Partizi­pation und der Auseinandersetzung. Solch eine Revolution haben wir eigentlich seit dem Buchdruck nicht mehr gehabt. Und das wird auch eine der ganz großen Heraus­forderungen sein, die wir nur global bewältigen können. Es gibt viele Punkte, wo ein Bundesregierungsmitglied sicher einen Anstoß geben kann, zu etwas anregen kann, Diskussionen ins Rollen bringen kann, aber wo wir nur global agieren können.

Es gibt aber weltweit und das ist auch zu beobachten – eine, wie ich finde, sehr beunruhigende Entwicklung, nämlich dass sich immer mehr Staaten von der liberalen Demokratie abwenden und sich wieder dorthin wenden, wo wir schon einmal waren, nämlich in Richtung Autokratie, in die Richtung: Eine Idee, ein Mann – eigentlich nie eine Frau, immer ein Mann! – entscheidet alles!

Wir erleben das in Russland, wir erleben das in der Türkei, wir erleben das – und das bereitet mir wirklich die meiste Sorge – auch innerhalb der Europäischen Union, wir erleben das in Ungarn. Das ist eine Auseinandersetzung, die, wie ich finde, doch viel zu wenig ernst genommen wird.

Es gibt auch immer mehr Staaten, auch Schwellenländer, wie man so schön sagt, die sich die Frage stellen: In welchem System sind wir am erfolgreichsten? – Da sagt


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite