BundesratStenographisches Protokoll834. Sitzung / Seite 105

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Ich denke, da könnte man vielleicht auch einiges lernen. Grundsätzlich ist so etwas leider notwendig, weil diese sehr praktischen Fähigkeiten, die man sich von einem Mediziner erwartet, in den sechs Jahren davor offensichtlich gar nicht vermittelt werden.

In vielen anderen europäischen Ländern erhalten die Absolventen unserer Medizin-Unis eine Approbation, also das Jus Practicandi, bei uns nicht zu diesem Zeitpunkt. Das ist sicher einer der Gründe dafür, warum es zu so manchen Abwanderungen kommt, und auch das sollte man hier in Erwägung ziehen.

Auch dass es nach wie vor keinen Facharzt für Allgemeinmedizin gibt, finden wir schade, obwohl eine Verlängerung dieser Ausbildung kommt. Gerade weil ja die Zukunft im Ausbau und in der Stärkung der Primärversorgung liegt und gerade dort der Allgemeinmediziner, der niedergelassene Mediziner, diese wichtige Torfunktion der Erstdiagnose und des Weiterverweises hat, ist es falsch, diese ganz zentrale Funktion des Allgemeinmediziners nicht damit zu stärken, dass es hier eben einen Facharzt für Allgemeinmedizin gibt. Das ist nicht der richtige Weg, und wir fänden es wün­schenswert, wenn die Entwicklung dorthin ginge, den Allgemeinmediziner, den nieder­gelassenen Mediziner, mit dem Facharzt auf eine Stufe zu stellen und einen Facharzt für Allgemeinmedizin zu schaffen.

Lehrpraxis ist gut, wichtig und richtig. Traurig ist, dass die Finanzierung nicht gesichert ist und dass man das nicht gleich in der Ausarbeitung des Gesetzes mit berücksichtigt hat, wie auch die wahnsinnig lange Übergangsfrist, bis wir von sechs Monaten Lehr­praxis auf tatsächlich ein Jahr Lehrpraxis kommen. – 13 Jahre wird das dauern, das sind zwei Generationen in der Medizinerausbildung! Das ist wirklich sehr lange, weil ja auch die zwölf Monate eher kurz sind.

Noch dazu ist auch die Entlohnung nicht gesichert, weil die Finanzierung nicht ge­sichert ist, und wenn dann im Gesetz steht, dass zusätzliche Nachtdienste daneben absolviert werden können, stellt sich schon die Frage, ob sich diejenigen, die diese Lehrpraxis machen, diese durch die zusätzlichen Nachtdienste finanzieren sollen.

Hier ist auch zu bedenken, dass das dann ein Vorteil für all jene ist, die in der Nähe eines Spitals oder eines Zentrums ihre Lehrpraxis machen und die Praxen am Land – sozusagen weit weg – übrig bleiben. Gerade dort ist natürlich der Mangel am größten und gerade dort wäre die Hoffnung, dass es durch die Absolvierung der Lehrpraxis auch zu einem zusätzlichen Anreiz kommt, dass die Mediziner dann dort bleiben oder einen entsprechenden Gusto bekommen, doch am Land zu praktizieren. Was diese Nachtdienstmöglichkeiten, die zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten betrifft, könnte das meiner Meinung nach nach hinten losgehen.

Ein anderer Punkt ist, dass es meiner Ansicht nach nach wie vor nicht gelingt, dass Ärzte und Ärztinnen mit Mitgliedern anderer Gesundheitsberufe auf Augenhöhe zusam­menarbeiten.

Es ist so, dass eben die Angehörigen des gehobenen Dienstes für Gesundheit und Krankenpflege schulen sollen, ihnen aber keine fachliche Weisungsbefugnis zukommt. Wir sind der Meinung, dass sie die in § 15 genannten Tätigkeiten auch eigenverant­wortlich anordnen und durchführen können sollten. Es wäre wichtig, hier Hierarchien abzubauen, auch in den Köpfen, und die Zusammenarbeit der Gesundheitsberufe mit den Ärzten zu stärken und zu verbessern, denn die Zukunft liegt eben in einer Stärkung der Primärversorgung, aber auch im Ausbau der interdisziplinären und der multiprofessionellen Zusammenarbeit.

Das steht auch so im Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz. Unserer Meinung nach findet sich das in diesem Gesetz zu wenig wieder. Es ist sehr stark auf den derzeitigen Stand


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