BundesratStenographisches Protokoll834. Sitzung / Seite 107

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Die Übergangsfristen, die auch andiskutiert wurden, sind deswegen so lang, weil wir natürlich auch nicht wissen, wie viele Kolleginnen und Kollegen wir überhaupt finden, die bereit sind, Lehrpraktikanten auszubilden. Sie wissen, dass wir derzeit Lehrprak­tikanten ausbilden. Der Gesetzgeber hat sich gemeinsam mit der Kammer aber vorge­nommen, auch anzuschauen, ob diejenigen, die jetzt ausbilden, wirklich zertifiziert und gut ausbilden. Das heißt, wir rezertifizieren die alten Lehrpraxen und hoffen, dass wir neue dazugewinnen. Und wir wollen uns nicht ehrgeizig eine kurze Übergangsfrist geben und damit dann junge KollegInnen hindern, den Beruf auszuüben, weil zum Beispiel nicht genug KollegInnen ausbilden wollen. Deswegen haben wir auch diese lange Übergangsfrist.

Frau Bundesrätin Dr. Reiter, Sie haben die Frage der Approbation in Deutschland ange­sprochen. Ich habe mich schon als Gesundheitspolitikerin immer sehr bewusst gegen die Approbation ausgesprochen, aus einem ganz einfachen Grund: Approbation heißt, dass Sie nach einem Jahr Ausbildung, wie Sie in Deutschland existiert, zwar eigenberechtigt sind, dies aber nur im Angestelltenbereich ausüben dürfen. Das bedeutet, mit diesem einen Jahr verwehrt man Ihnen mehr oder weniger den Zugang zum Kassenvertragssystem. Und ich garantiere Ihnen mit nahezu 100-prozentiger Gewissheit: Wenn das der Fall ist, werden ganz viele Frauen in diese einjährige Ausbildung hineingedrängt und könnten dann nicht weiterkommen. Denn es sind oft Frauen, die nicht auf die Facharztstellen kommen, die sowieso immer weniger werden. Wir halten die Frauen dann mehr oder weniger im Angestelltenbereich zurück und versperren ihnen den Weg hinaus.

Ich halte es für vernünftig – und daher haben wir uns auch dafür entschieden –, eine möglichst umfassende, gute Ausbildung zu machen, mit den neun Monaten als Basis, in denen die 15 Diagnosen – von denen Sie gesprochen haben – noch einmal wie­derholt werden. Sie vergleichen das mit der Privatuniversität Salzburg. Ich glaube, dass man zwischen einer sehr kleinen, gut bezahlenden Klientel an Studentinnen und Studenten und zwischen dem, was sich nun einmal im öffentlichen Bereich abspielt, auch durchaus differenzieren muss.

Ich möchte vielleicht etwas flapsig sagen, dass der Mensch keine Differentialdiagnose in einem Multiple Choice Test ist. Wir wissen von vielen Kollegen, die das Medizin­studium absolviert haben, dass dabei ganz viel im Rahmen von Multiple Choice Tests abgehandelt wird. Es ist aber ganz selten, dass einem ein Patient nur drei Möglich­keiten für eine Diagnose gibt, sondern man muss von selbst draufkommen. Das heißt, von dieser Grundausbildung kommt auch noch sehr viel bei der Frage des praktischen Jahres dazu.

Wenn wir erkennen sollten, dass das Studium mit dem Klinisch-Praktischen Jahr so gut ist, dass wir das nicht mehr brauchen, wird natürlich im Gesetz nachjustiert werden. Das ist überhaupt keine Frage. Keiner von uns hat Interesse daran, junge Menschen länger an irgendetwas zu binden, als sie das tun sollten. Das heißt, wir versuchen, den AllgemeinmedizinerInnen mit der Möglichkeit, auch vermehrt in die Lehrpraxis zu gehen, es ein bisschen schmackhaft zu machen, dass das Leben vielleicht auf dem Land draußen doch nicht so ist, wie man es sich vorstellt. Wir möchten ihnen vermitteln, dass es vielleicht doch ganz angenehm ist, wenn man seine Patienten kennt, wenn das Ganze überschaubar ist. Vielleicht gelingt es uns – und das habe ich ja schon in meiner Rede am Vormittag gesagt – im Rahmen der Primärversorgung zwei Kollegen, Kolleginnen mit zwei Verträgen dazu zu veranlassen, diese zu halbieren und sich zusammenzutun, vielleicht auch auf dem Land. Vielleicht zwei Frauen, die jeweils sagen, sie wollen keinen ganzen Vertrag, weil sie das nicht schaffen, es aber gemeinsam mit einer zweiten tun würden, oder mit einer diplomierten Gesundheits-


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