BundesratStenographisches Protokoll836. Sitzung / Seite 78

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der Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit entstanden und es wurden vor einein­halb Jahren die verfassungsrechtlichen Regelungen getroffen.

Jetzt wird eine Weiterentwicklung des Rechtsschutzes beschlossen. Jede Privatperson bekommt jetzt die Möglichkeit, sich direkt an den Verfassungsgerichtshof zu wenden. Dies war bis dato nicht möglich. Ist jemand der Meinung, dass in einem Gerichts­verfahren ein Urteil auf Basis eines Gesetzes, das verfassungsrechtlich nicht ent­spricht, gefällt wurde, also aufgrund eines vereinfacht gesagt falschen, unvollständigen oder fehlerhaften Gesetzes, so hat er nunmehr die Möglichkeit, eine Gesetzesbe­schwerde an den Verfassungsgerichtshof zu bringen. Bis dato musste man das zur Kenntnis nehmen und hatte keine Möglichkeit, seine Bedenken zu artikulieren. (Präsidentin Blatnik übernimmt wieder den Vorsitz.)

Dieses Gesetz ist natürlich ein Kompromiss, der aber eine breite Zustimmung in allen Parteien gefunden hat. Dieses Gesetz ist keine Urteilsbeschwerde, sondern eine Geset­zesbeschwerde, welche das Recht einräumt, ein Gesetz auf dessen Verfas­sungs­konformität überprüfen zu lassen. Man legt also keine Beschwerde gegen das Urteil ein, weil man der Meinung ist, dass es ungerecht ist. Diese Möglichkeit besteht nicht. Für diese Fälle haben wir ja sowieso den Instanzenzug. Man hat aber die Mög­lichkeit, bereits nach einem Urteil in erster Instanz ein Gesetz überprüfen zu lassen.

Es genügt nicht, dass man behauptet, das Gesetz sei verfassungswidrig, damit der Verfassungsgerichtshof tätig wird. Es muss eine begründete Stellungnahme an den Verfassungsgerichtshof übermittelt werden, und diese Stellungnahme wird dann überprüft und entweder angenommen oder verworfen. Es ist auch kein Mittel, um Gerichtsurteile oder bestimmte Verfahren zu verzögern oder außer Kraft zu setzen. Zu diesem Zweck hat man einzelne Ausnahmen von der Möglichkeit zur Geset­zes­beschwerde vorgesehen. Diese Ausnahmen betreffen etwa Exekutions-, Besitzstö­rungs-, Beweissicherungsverfahren, Verfahren über die Kündigung von Mietverträgen, Rückstellungen widerrechtlich verbrachter Kinder, Verfahren nach dem Unterhaltsvor­schuss­gesetz und Auslieferungsverfahren.

Man hat sich bei diesem Gesetz also schon einiges überlegt, und ich glaube, es ist eine gute Weiterentwicklung. Im Ausschuss haben wir dieses Gesetz behandelt, auch schon in der vorletzten Ausschusssitzung. Es wurde die Frage an den Verfassungs­gerichtshof gestellt: Wie wird sich der Arbeitsaufwand in diesem Bereich entwickeln? Und der Verfassungsgerichtshof hat uns versichert, dass sich der zu erwartende Arbeitsaufwand in Grenzen halten wird. Es wird mit maximal 200 Beschwerden gerechnet, und das ist ohne zusätzliches Personal ganz einfach machbar.

Mit der Gesetzesbeschwerde ist eine massive Erweiterung des Rechtsschutzes für den Einzelnen gelungen, und ich begrüße daher dieses Gesetz. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.31


Präsidentin Ana Blatnik: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Fürlinger. – Bitte.

 


13.31.15

Bundesrat Mag. Klaus Fürlinger (ÖVP, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr geehrter Herr Minister! Kollege Beer hat alles gesagt, was zu sagen ist. Er hat trefflich ausgeführt, worum es geht, wenngleich, Herr Kollege, mir als Juristen das Herz ein bisschen geblutet hat, wenn jemand sagt: Es handelt sich nur um Gesetze. Sie haben „nur Gesetze“ gesagt, also die sind doch sozusagen ein bisschen das Blut unserer Republik.

Ich will das gar nicht lange ausführen, Sie haben das richtig gesagt: Es wird dem Rechtsschutzbedürfnis des Einzelnen Rechnung getragen. Das ist in verschiedenen


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