BundesratStenographisches Protokoll839. Sitzung / Seite 28

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Da haben Sie, neben uns Freiheitlichen, schon die Ersten, die diesbezüglich wirklich sehr kritisch sind, und das zu Recht. Trotzdem hat Sie das überhaupt nicht interessiert, sondern Sie haben gesagt: Wir drücken das jetzt einfach durch! Einerseits war das of­fensichtlich als Beruhigungspille für die Bevölkerung gedacht, im Sinne von: Wir ma­chen eh was, und regt euch nicht auf! Andererseits weiß ich nicht, welchen Deal Sie da mit der IGGiÖ haben, das entzieht sich unserer Kenntnis. Auf jeden Fall haben Sie es hingenommen, dass Sie hier ein Gesetz machen und eine Glaubensgemeinschaft ins­tallieren, die überhaupt keine religiösen Grundvoraussetzungen hat.

Derzeit werden diese religiösen Aufgaben von rund 450 Vereinen erfüllt. In diesen sind –und das wissen Sie ebenso wie wir – auch schon einige Hassprediger aufgefal­len, und wir wissen, dass es noch weitere gibt. Das scheint Sie aber nicht besonders zu stören.

Diese Vereine können jetzt nach dem neuen Gesetz aufgelöst werden. Sie können auf­gelöst werden, aber sie müssen das nicht tun. Wer kontrolliert das eigentlich? Wenn sie sich auflösen und in der IGGiÖ aufgehen, müssen sie sich ja den Religionsgrund­lagen unterordnen – den Religionsgrundlagen, die wir noch gar nicht kennen, weil es sie ja noch gar nicht gibt und wir sie daher auch nicht kennen können.

Wer prüft in Zukunft bei einem Verein, der sich unter den, wie Sie es ja nennen, Dach­verband begibt, ob es wirklich eine Übereinstimmung gibt? Wie viele Experten haben wir denn da in Österreich? Als ich im Ausschuss nachgefragt habe, hat man uns ge­sagt: Naja, es muss ja kein österreichischer Islamwissenschaftler sein, man kann ihn ja auch aus dem Ausland bekommen. Wenn wir diese Experten aus dem Ausland be­kommen, bedeutet das aber, dass wir wieder für etwas extra bezahlen müssen, was wir so in dieser Form überhaupt nicht brauchen. Woher wollen Sie schlussendlich ir­gendeinen Überblick haben, wie es mit der IGGiÖ und deren Vereinen weitergeht? Da wissen wir nichts, und Sie wissen offensichtlich auch nichts. (Bundesminister Oster­mayer: Wie kommen Sie auf das?)

Wieso konnten Sie sich nicht durchringen, festzustellen, dass Predigten und religiöse Betreuung ausschließlich auf Deutsch zu erfolgen haben? Es steht nämlich nirgends konkret drinnen, dass das so sein muss. Das heißt, Sie nehmen in Kauf, dass Sie überhaupt nicht wissen, was die religiösen Betreuer tun. Das halte ich wirklich für be­denklich, denn diese Betreuer dürfen in Krankenhäusern, Pflegeanstalten und Haftan­stalten ihrer religiösen Betreuung nachgehen, und wir wissen nicht, in welcher Form diese Betreuung stattfindet. Wir wissen aber schon, dass bei den Anschlägen von Pa­ris gerade die Dschihadisten, die sie durchgeführt haben, erst in den Haftanstalten so richtig radikalisiert worden sind. Und das nimmt man übrigens auch bei den Anschlä­gen in Dänemark an.

Ist Ihnen jetzt die Gefahr noch immer nicht bewusst? Ist Ihnen noch immer nicht be­wusst, dass es Radikalisierungstendenzen gibt? In Österreich allein sitzen schon 21 sol­cher Personen in Haftanstalten. Ich glaube, das ist ein Problem, dessen wir uns wirk­lich annehmen müssen, wo man nicht wegschauen kann. Dieses Problem kann man nicht verniedlichen, wie es sonst üblicherweise geschieht, so nach dem Motto: Es wird schon nicht so schlimm sein, wir haben die eh eigentlich im Griff! Da verstehe ich Sie überhaupt nicht.

Dann haben wir im Gesetz die Möglichkeit, Kinder und Jugendliche in religiöse Bräu­che einzuführen. Was heißt das im Konkreten? – Das kann auch die Zwangsbeschnei­dung als einen religiösen Brauch beinhalten, ebenso Zwangsheirat, das könnte auch ei­nen Ehrenmord beinhalten (Bundesrat Himmer: steht doch nicht! – Bundesrat Dön­mez schüttelt den Kopf) – könnte, sage ich! Auch wenn Kollege Dönmez den Kopf schüttelt: Die Tatsache, dass das bei uns verboten ist, heißt ja nicht, dass das nicht stattfindet. Es findet in Deutschland statt, dort ist übrigens jetzt erst ein Fall bekannt ge-


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