BundesratStenographisches Protokoll839. Sitzung / Seite 66

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tieren mit verschiedensten Materialien und erfahren spielerisch Naturgesetze und wis­senschaftliche Grundlagen. All das ist Bildung, und all das gehört zur gesunden Ent­wicklung eines Menschen. Und diesen Grundstock in diesen verschiedensten Kompe­tenzen wünschen wir uns doch für jeden jungen Menschen, für jedes Kind.

Natürlich weiß man, dass nicht alle Kinder in jedem Bereich dieselben Interessen, Nei­gungen und Begabungen an den Tag legen, aber das ist auch nicht notwendig. Unsere Gesellschaft ist komplex, es gibt eine Riesenfülle an verschiedenen Betätigungsfeldern und Aufgaben, und es ist gar nicht notwendig und gar nicht erwünscht, dass jeder Mensch in jedem Bereich alles kann.

Die Ganztagsschule in ihrer verschränkten Form kommt dieser Fülle, dieser Bandbreite an Lernbereichen am ehesten entgegen, wenn man sich verschiedene Bildungssyste­me anschaut. Dort lernen Kinder über den Tag verteilt in den verschiedensten Be­reichen, und es gibt Raum und Zeit, um eben all diese Lern- und Bildungsbereiche wahrzunehmen. Dort wechseln sich Bewegungsangebote mit Inputs ab, und es gibt gruppendynamische Elemente und Lerneinheiten, und die alle stehen in einer ver­schränkten Ganztagsschule gleichwertig nebeneinander und haben Platz, und Kinder können all diese Erfahrungen machen.

Insofern war meine erste Befürchtung, nämlich dass Kindern Zeit gestohlen wird, ent­kräftet, weil Kinder im Rahmen der Ganztagsschule – im Idealfall in einer solchen in verschränkter Form – einen optimalen Rahmen finden, um genau all diese Interessen und Bedürfnisse auszuleben, auszuprobieren und zu verwirklichen. Wenn die Qualität passt!

Daher ist diese Gesetzesvorlage so ein wichtiger Schritt, weil es damit zu einer Qua­litätsverbesserung kommt, und das ist auch notwendig, denn eine Qualitätsoffensive kann das Bildungssystem sehr gut vertragen.

Noch ein zweiter Aspekt spricht eindeutig für die Ganztagsschule: Kinder kommen, wenn sie in das Bildungssystem eintreten, aus ganz unterschiedlichen Milieus mit ganz unterschiedlichen Voraussetzungen. Manche Kinder haben – Frau Mühlwerth, da ha­ben Sie recht – das Glück, in ein Elternhaus hineingeboren zu werden, in dem sie vom ersten Tag an gefördert werden und so Zugang zu allen Bildungseinrichtungen und -maßnahmen haben. Aber das ist nur ein kleiner Teil der Kinder; vielen Kindern bleiben diese Angebote leider verwehrt.

Da kommt eben wieder die Idee der Ganztagsschule zum Tragen, weil man in diesem Schulsystem allen Kindern – egal, mit welchem Hintergrund sie in die Schule kommen – die verschiedensten Angebote zur Verfügung stellen kann. Alle Kinder sol­len diese Lernbereiche ausprobieren können – unabhängig davon, welche Möglichkei­ten Eltern haben.

Die Ganztagsschule ist ein effektives Instrument, um diese „Vererbung“ von Bildung – für die Österreich leider mittlerweile ja auch schon international bekannt ist –, um diese „Vererbungsspirale“ zu unterbrechen. Die Ganztagsschule hat das Potenzial, Chancen­gleichheit für alle Kinder herzustellen. Insofern hat diese Schulform tatsächlich gesell­schaftspolitische Relevanz.

Zurück aber nun zum vorliegenden Gesetzesvorschlag. Es geht da um eine notwen­dige Qualitätsverbesserung, die wir brauchen, und das geht eben Schritt für Schritt, Herr Längle, aber es lohnt sich, ja es ist notwendig, diesen Schritt zu setzen. Es geht darum, einen Lernbereich, nämlich die tägliche Bewegungseinheit sicherzustellen und dem den notwendigen Rahmen zu geben. Das hat ja auch mit Gesundheitsförderung zu tun; meine Kollegin Reich hat ja schon ausgeführt, wie wichtig das ist.

In diesem Zusammenhang geht es auch um die Ermöglichung von Bildungssystem-Verknüpfungen mit außerschulischer Arbeit, so etwa in Vereinen, und da im speziellen


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