BundesratStenographisches Protokoll839. Sitzung / Seite 77

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13.52.27

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrte Herren Mi­nister! Sehr geehrte Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Vieles wur­de schon gesagt. Lieber Kollege Köberl, mir sind die Frauenangelegenheiten und Frau­engleichberechtigung sehr wichtig, ebenso auch das Thema Bildung, darum werde ich zu beiden ganz kurz etwas sagen; vieles haben Sie ohnehin schon vollkommen richtig angemerkt.

Ich sehe es selber bei meinen Kindern: Sie wachsen jetzt zweisprachig auf, das ist überhaupt kein Problem. Wenn sie in die Pflichtschule kommen, kommt noch eine dritte Sprache dazu, vielleicht dann auch noch eine vierte. Das ist die Zukunft. Es wird Normalität sein, dass es in Europa und über Europa hinaus Menschen gibt, die drei und mehr Sprachen sprechen und nicht mehr nur zweisprachig sind. Auch da müssen wir mit unserem Bildungssystem die adäquaten Rahmenbedingungen schaffen, dass wir dieses Potenzial heben und fördern können. Letztendlich, glaube ich, haben dann wir alle etwas davon.

Die Frauengleichstellung ist angesprochen worden. Wir schreiben das Jahr 2015 und müssen noch immer über die Gleichstellung von Frauen diskutieren – ich finde das, ehr­lich gesagt, sehr, sehr beschämend! Da brauche ich jetzt zum Vergleich nicht irgend­welche Länder heranzuziehen, wo Kinder bei lebendigem Leib in die Grube versenkt werden, nur weil sie als Mädchen geboren worden sind. So wild ist es bei uns zum Glück nicht, aber wir haben doch massive Ungleichbehandlungen.

Wenn man sich anschaut, dass eine Frau für die gleiche Tätigkeit bis zu 25 Prozent weniger bekommt, dann ist das eine Ungleichberechtigung, die wir einfach nicht hin­nehmen können. Dagegen müssen wir alle gemeinsam aufschreien und ankämpfen. Auch wenn eine Universität wie der Wiener Universität seit ihrem Bestehen – und das sind doch über 650 Jahre – noch keine einzige weibliche Rektorin hatte, werfen sich mir Fragen auf, wie denn so etwas sein kann.

Da bin ich schon bei den Männerseilschaften: Es ist schon gut, wenn wir einmal so von Mann zu Mann beieinander sitzen, aber es darf nicht sein, dass das Bastionen sind, wo Frauen nicht eindringen können oder vordringen können oder hochkommen. Diese glä­serne Decke müssen wir gemeinsam zu Bruch bringen! Das kann nicht sein, und das dürfen wir auch nicht weiter hinnehmen. – Das zum Bereich der Gleichstellung.

Zum Bereich der Bildung möchte ich Folgendes anmerken: Ja, wir haben eine niedrige, im Vergleich mit allen anderen europäischen Ländern eine der niedrigsten Schulabbre­cherquoten, aber wenn wir ganz genau hinschauen, dann erkennen wir, dass bei uns doch sehr viele Jugendliche in AMS-Schulungen abgeschoben werden, in überbetrieb­liche Werkstätten, Menschen mit Beeinträchtigungen in die Sonderschulen ... (Bundes­rat Todt: Aber „abgeschoben“ werden sie nicht, oder?) – In die Sonderschulen schon.

Das ist auch etwas, was kritisiert worden ist: dass Menschen mit Beeinträchtigungen – denn behindern tut sie immer noch die Gesellschaft, das ist mein Zugang – in speziel­len Schulen konzentriert werden; und wenn man dann genau hinschaut, sieht man, der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist eklatant hoch. Da möchte ich schon die systemische Brille aufsetzen und genau darauf hinschauen, ob da nicht ein Fehler im System ist – aber das sind Diskussionen, die wir noch führen müssen.

Wir wissen aus der Wirtschaft, dass sich viele Lehrherren/Lehrherrinnen darüber be­klagen, dass die Lehrlinge Grundkenntnisse teilweise gar nicht haben, die Kulturtech­niken wie Lesen, Schreiben, Rechnen. Es ist zwar schön und gut, wenn wir Pilotpro­jekte haben, aber ich denke, wir sollten den Fokus viel mehr darauf legen, dass diese Grundkompetenzen verstärkt und geschärft gehören. Auch da, glaube ich, gibt es noch einiges zu verbessern.

 


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