BundesratStenographisches Protokoll843. Sitzung / Seite 139

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Man muss vorwärts schauen und kann nicht zurückblickend die Grenzen wieder dicht machen – so kann es nicht gehen! (Bundesrat Herbert: Wieso nicht?)

Es geht nicht nur um eine gerechte Aufteilung in Europa, sondern auch um eine ge­rechte Aufteilung in Österreich. Da haben auch die österreichischen Bundesländer viel zu tun, damit diese gerechte Aufteilung durchgeführt wird. Vor Flüchtlingsproblemen kön­nen wir weder in Europa noch in Österreich die Augen verschließen, aber Flüchtlinge verhindert man nicht mit der Einführung von Grenzkontrollen, Flüchtlinge verhindert man anders! (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Europa muss etwas dazu tun, Europa muss sich auch seiner Verantwortung in diesen Krisengebieten bewusst werden und dort etwas tun! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Bundesräten der ÖVP.)

16.52


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster gelangt Herr Bundesrat Dönmez zu Wort. – Bitte.

 


16.53.05

Bundesrat Efgani Dönmez, PMM (Grüne, Oberösterreich): Hohes Präsidium! Sehr ge­ehrte Frau Ministerin! Ich versuche jetzt, der Diskussion die Emotionalität und die Auf­geregtheit ein wenig zu nehmen. Dankenswerterweise hat ein Kollege schon sehr vieles berichtigt; das kann ich mir jetzt ersparen. Darum möchte ich eher die systemi­sche Ebene ansprechen.

So, wie unser System gegenwärtig mit Dublin II und Dublin III funktioniert, ist es de fac­to ein Ding der Unmöglichkeit, dass jemand überhaupt europäisches Territorium bezie­hungsweise Österreich betritt, ohne sich Schlepper zu bedienen. Man bräuchte einen Fallschirm und dann müsste man genau über dem entsprechenden Land aus dem Flug­zeug abspringen. Falls man es überhaupt in das Flugzeug schafft, denn da braucht man auch Reisedokumente und ein Visum.

Es ist ein strukturelles Problem, das wir haben. Die Probleme sind großteils hausge­macht. Es gäbe Lösungsansätze, wie zum Beispiel Resettlement-Programme. Oder: Die baden-württembergische Regierung ist einen Schritt gegangen, der bislang in der Öf­fentlichkeit noch nirgends erwähnt worden ist. Sie hat gesagt, dass sie aktiv – aktiv! – den Opfern des IS-Terrors, einer speziellen Zielgruppe, Hilfe zukommen lassen möch­te. Deutschland kann man jetzt nicht als Land bezeichnen, in das nicht gerade auch viele Flüchtlinge wollen; sie sind genauso betroffen wie wir, wenn nicht mehr.

Sie haben gesagt, sie möchten aktiv Betroffenen des IS-Terrors – jesidischen Frauen – helfen. Sie haben ein Therapieprojekt, ein Therapieprogramm ins Leben gerufen, bei dem einige Leute, die daran mitarbeiten, in den Irak fahren, dort Kontakte knüpfen und herstellen, die Geschichten der Frauen überprüfen, sich anschauen, ob das wirklich Op­fer und Ausreisewillige sind, ob sie bereit sind, woanders eine neue Existenz zu grün­den. Sie versuchen dann, Reisepässe und Dokumente für diese zu organisieren, damit sie nach Deutschland ausgeflogen werden können. Dort bekommen sie dann ein The­rapieprogramm, Deutschkurse und Integrationsprogramme.

Das wäre auch ein aktiver Schritt, genauso wie das Resettlement-Programm von UNHCR ein aktiver Schritt wäre. Wir könnten uns dort ganz gezielt Personen und Familien he­raussuchen, die geflüchtet sind, die bestimmte Kriterien, die für Österreich auch pas­sen, selbstverständlich – Leute, die eine gute Ausbildung haben –, erfüllen, sie zu uns ho­len und dann aktiv unterstützen.

Die Frau Innenministerin schüttelt den Kopf. Ich sage Ihnen, warum ich das unterstütze und befürworte: Die österreichische Wirtschaft lebt überwiegend vom Export. Uns kann nichts Besseres passieren, als wenn wir Menschen haben, die, wenn wir sie bestmög-


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