BundesratStenographisches Protokoll844. Sitzung / Seite 124

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dritte Teilnovelle zum allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch geändert werden (Erb­rechts-Änderungsgesetz 2015 – ErbRÄG 2015) (688 d.B. und 718 d.B. sowie 9419/BR d.B.).

Der Bericht liegt Ihnen in schriftlicher Form vor; deswegen komme ich sogleich zur Antragstellung.

Der Justizausschuss stellt nach Beratung der Vorlage am 21. Juli mit Stimmenmehrheit den Antrag, gegen den vorliegenden Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.

 


Vizepräsidentin Inge Posch-Gruska: Ich danke für den Bericht.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Brückl. – Bitte.

 


15.24.03

Bundesrat Hermann Brückl (FPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Das in Österreich gesetzlich geregelte Erbrecht hat nunmehr seit über 200 Jahren Bestand. Jetzt kann man dazu sagen: Diejenigen, die dieses Gesetz beschlossen haben, die es entworfen haben, die es geschrieben haben, müssen schon sehr gut gearbeitet und sehr fort­schritt­lich gedacht haben. Oder man kann sagen: Ja, nach so langer Zeit ist es nun einmal notwendig, dass man auch dieses Gesetz ändert, dabei auf die gesellschaft­lichen Veränderungen im 21. Jahrhundert eingeht und es darauf abstimmt.

Beides trifft sicherlich zu. Allerdings verrate ich jetzt kein Geheimnis, wenn ich sage, dass wir Freiheitlichen diesem vom Nationalrat mehrheitlich beschlossenen Gesetz nicht zustimmen werden. Auf die einzelnen Gründe werde ich dann noch näher eingehen. Vorweg betone ich aber, dass das Erbrechts-Änderungsgesetz, so wie es jetzt vorliegt, für uns in vielen Bereichen einfach zu undefiniert ist, dass zu viele Fragen unbeantwortet bleiben, zu viel Spielraum für Interpretation bleibt und damit in Wirk­lichkeit ja Verantwortung von der Gesetzgebung hin zur Judikative wandert.

Wir erleben das heute ja immer wieder, dass der Gesetzgeber durch ungenaue Formu­lierungen im Gesetzestext – ob gewollt oder nicht – Verantwortung an die Gerichte abschiebt. Das war unter anderem auch aus einer Stellungnahme des Verfassungs­juristen Dr. Öhlinger in der Enquete-Kommission zur direkten Demokratie herauszu­hören, in der er das in dieser Form bestätigt hat.

Wir sind der Meinung, dieses Erbrechts-Änderungsgesetz ist in manchen Bereichen einfach nicht fertiggebracht oder fertiggedacht worden. Das fängt bei Begriffsbe­stimmungen an: Der „Erblasser“ wird zum „Verstorbenen“, der „Nachlass“ zur „Ver­lassenschaft“. Herr Bundesminister, da verrate ich Ihnen jetzt kein Geheimnis, denn das wurde ja im Nationalrat auch so vorgetragen: Unser Justizsprecher, Mag. Harald Stefan, hat im Ausschuss gemeint, Begriffe wie „letztwillige Verfügung“, „Testament“, „letzter Wille“ werden in sich nicht konsistent verwendet.

Da kann man uns jetzt vorwerfen, dass wir hier das Haar in der Suppe suchen (Bundesrätin Kurz: Ja, wirklich! Das Härchen!), aber nein, das tun wir nicht, sondern wir stellen fest, dass es in Teilen hier einfach keine Übereinstimmung gibt mit der erst vor Kurzem in Kraft getretenen EU-Erbrechtsverordnung. Die Unterschiede, die hier in der Ausdrucksweise bestehen, die fehlende Übereinstimmung kann durchaus problematisch sein und durchaus problematisch werden. Es fehlt hier einfach eine gewisse Begriffsstabilität.

Wie ich bereits eingangs erwähnt habe, sind Neuerungen, die jetzt eingeführt werden, aber jedenfalls als positiv zu bewerten, so zum Beispiel die Pflichtteilsstundung, die


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