BundesratStenographisches Protokoll848. Sitzung / Seite 54

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mehr arbeiten, weil der Wohlstand so groß ist. Dass es offensichtlich nicht so ist, zeigt sich am täglich persönlich verfügbaren Einkommen, das jeder Bürger, jede Bürgerin dieses Landes hat, das sie ausgeben können und mit dem sie sich Nahrungsmittel leis­ten können.

Da gerade Zielpunkt so oft genannt worden ist: Das ist doch ein gutes Beispiel dafür, wie diese Machtkonzentration vonstattengegangen ist und wie hoch die Preise in Ös­terreich geworden sind, einerseits durch die Kartellbildungen, durch die Oligopolbildun­gen, andererseits durch die riesige Belastungswelle, die wir in Österreich alle zu erlei­den haben. Ich spreche da alle Bürger an, das gesamte Spektrum der arbeitenden und leistenden Bevölkerung. (Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Wieso? Woran erkennt man das? – Bei theoretischen Kennziffern, lieber Edgar Mayer, ist es manchmal interessant zuzuhören. Wenn ich Prognosen vom WIFO höre, halte ich mir sowieso schon die Ohren zu, denn die stimmen nie, das sage ich ganz ehrlich. Es gibt jede Menge andere Wirtschaftsforschungsinstitute, denen man einmal einen Auftrag erteilen könnte, aber nicht immer diesem WIFO, von dem man genau das bekommt, was man hören möchte, und dazu noch gegen bezahltes Geld. Nein danke, das hat mit Wissenschaft einfach nichts zu tun. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Mayer.)

Ich habe dir etwas mitgebracht, speziell für dich: Viel besser ist zum Beispiel aus der Praxis die Schweizerische UBS – du kommst ja aus dem Ländle und hast sicher einen Nahebezug zu deiner schönen Schweiz, unserer schönen Schweiz. (Weiterer Zwischen­ruf des Bundesrates Mayer.) Hier sieht man den Kaufkraftvergleich, und zum Beispiel – höre zu, ich lese dir vor! –: Für ein Kilo Brot muss ich in Wien 10 Minuten arbeiten, in Zürich 5 Minuten, in Rom 10 Minuten – wir haben also italienische Verhältnisse –, in Jo­hannesburg auch 10 Minuten, in London 6 Minuten und in Dublin auch nur 6 Minuten.

Dann frage ich mich, wieso bei uns alles so gut und so toll sein soll, wenn unsere ös­terreichischen Bürger und Bürgerinnen so lange arbeiten müssen, um sich ein Kilo Brot leisten zu können. Das ist die Krux bei der Sache: Die Belastungen sind so hoch. Wir sind die Melkkuh eines Staates, der auseinandergeht, auseinanderfällt.

Und es gibt einen zweiten interessanten Indikator, das ist diese berühmte Staatsquote. Der Herr Minister ist jetzt leider hinausgegangen, er hatte vor Kurzem den britischen Premierminister Cameron zu Gast und seinen Schatzkanzler. Das ist ja auch ein schö­nes Wort, „Schatzkanzler“, denn die wissen nämlich, dass man auf das Vermögen, das von der Bevölkerung kommt, aufpassen muss. Das ist also für die ein Schatz. Das ist ein interessantes Wort. Für uns sind das die Finanzen, denn das gibt man natürlich lieber aus. Das ist auch ein interessanter Unterschied zwischen britischem Denken und österreichischem Denken. Das sei nur am Rande erwähnt.

Er hat gesagt, er weiß und es ist sein festes Ziel, dass er die Staatsquote von 42 Pro­zent – das ist ohnehin schon 10 Prozentpunkte weniger, als wir in Österreich mit 52 Pro­zent haben – auf unter 35 Prozent absenken möchte, weil er den kausalen Zusammen­hang kennt.

Dieser kausale Zusammenhang, das ist vielleicht auch interessant, warum vorgestern beim Finanzausschuss keiner vom Finanzministerium anwesend war, denn sonst ha­ben sie sehr gute Experten, die ausgezeichnet sind, um dort einen Diskurs zu führen. Vorgestern war keiner da, und heute ist nicht einmal irgendein Minister von der Re­gierung da, weil die offensichtlich so ein schlechtes Gewissen haben, dass sie gar nicht hier in dieses Auditorium kommen wollen und es lieber gleich verlassen, bevor sie sich hier überhaupt eine kritische Rede anhören wollen.

Das Gewissen muss also schlecht sein, und das Gewissen ist begründet schlecht, denn wichtig ist der kausale Zusammenhang. Die Staatsschuldenquote in Österreich steigt. Maastricht ist offensichtlich wurscht, Brüsseler Gesetze brauchen wir hier in Österreich


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