BundesratStenographisches Protokoll851. Sitzung / Seite 49

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den Spielraum, dieser ist in Österreich vielleicht anders als in anderen Staaten, ins­besondere in den USA, aber es ist ganz klar, dass unsere verfassungsrechtlichen Regelungen eine Abwägung treffen zwischen Meinungsfreiheit und strafrechtlicher Verfolgung von Äußerungen, die eben nach unserer Rechtsordnung und nach unserer Verfassung nicht als tolerabel qualifiziert werden. Das ist der Spielraum, und der ist mir genauso vorgegeben wie Ihnen. So gesehen macht es wenig Sinn, jetzt hier über etwas zu diskutieren, das in Wirklichkeit – und auch aus meiner Sicht – verfassungs­rechtlich klar geregelt ist. Da haben wir klare Vorgaben, und das ist gut so.

 


Vizepräsidentin Ingrid Winkler: Weitere Zusatzfrage? – Bitte, Frau Bundesrätin Mag. Dr. Dziedzic.

 


Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Für uns, für mich ist Faschismus keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Sie, Herr Minister, haben erst im Jänner anlässlich einer Veranstaltung am Bezirksgericht Meidling von einer mangelhaften Auseinandersetzung der österreichischen Justiz mit ihrer Rolle im Nationalsozialismus gesprochen und darauf hingewiesen, dass gerade in einem Europa, das von Bedro­hungen sozusagen heimgesucht wird, genau diese Auseinandersetzung sehr, sehr wichtig wäre.

Herr Minister, Sie haben jetzt gesagt, dass eine Ausbildungsoffensive geplant ist. Mich würde interessieren, inwiefern Sie das Gespräch mit Ihrem Rechtsschutzbeauftragten Gottfried Strasser gesucht haben, der ja genau diese Einstellung des Verfahrens als historisch rechtfertigte, und inwiefern Sie genau diese Begründung, die Auseinander­setzung rund um dieses Verfahren nicht als Anlass sehen, eine unabhängige Histori­ker­kommission einzurichten, die sich genau mit der Rolle der österreichischen Justiz während der NS-Zeit, aber auch mit deren Kontinuitäten nach 1945 auseinandersetzt, wie das zum Beispiel in Deutschland seit 2005 geschieht.

 


Vizepräsidentin Ingrid Winkler: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Sehr geehrte Frau Bundes­rätin, Ihre Frage gibt mir die Gelegenheit, hier sagen zu dürfen, dass ich wirklich stolz bin auf das, was an Arbeit innerhalb der Justiz in Richtung Aufarbeitung dieser The­matik geleistet wird. Ich denke dabei etwa an Persönlichkeiten wie den Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien Friedrich Forsthuber oder aber auch an den Bezirksgerichtsvorsteher von Wien Meidling Oliver Scheiber. Die leisten in diesem Bereich wahnsinnig viel.

Es macht mich stolz, dass diese Aufarbeitung aus der Justiz kommt, diese Aus­einan­dersetzung mit der nicht optimalen Aufarbeitung dieser Vergangenheit auch innerhalb des Justizapparates, insbesondere in den Sechziger- und Siebzigerjahren. Da ist vieles nicht optimal gelaufen, das kann niemand bestreiten. Aber das, was wir tun, ist, dass wir alles unterstützen, was der Aufarbeitung und was der Bewusstseinsbildung dienen kann – auch für die jungen Generationen! Das macht Sinn, auch im Rahmen dieser Ausbildungsoffensive.

Wir unterstützen selbstverständlich auch das Dokumentationsarchiv des Österreichi­schen Widerstandes und andere Institutionen, die sich damit beschäftigen. Das ist, glaube ich, auch der richtige Weg. Wir haben sehr viele, die da sehr viel tun, sowohl Institutionen als auch Einzelpersonen, und zwar Gott sei Dank auch aus der Justiz, sodass ich nicht glaube, dass man jetzt zusätzlich eigene Expertenkommissionen braucht. Mit den Experten in diesem Bereich, den Historikern, die hier führend tätig sind, kooperieren wir ohnehin schon die ganze Zeit, und das ist gut so. Ich glaube, dass es wichtiger ist, das zu fördern, was an Initiativen in diesem Bereich aus der Justiz kommt.

 


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