BundesratStenographisches Protokoll851. Sitzung / Seite 48

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Was die Thematik Berichtspflichten betrifft, so muss ich schon sagen, dass für mich ein Kern der Änderung und der Reform des Weisungsrechts natürlich auch darin bestanden hat – und dazu stehe ich –, dass wir die Berichtspflichten reduzieren.

Ich habe immer gesagt, ich will gar nicht so viele Akten im Ministerium haben, sondern ich möchte im Vertrauen darauf, dass die Staatsanwaltschaften ihre Aufgabe gut erfüllen werden, die Berichtspflichten zurückdrängen. Das haben wir mit 1. Jänner gemacht, jawohl. Deshalb war auch dieser Fall kein berichtspflichtiger Fall in diesem Sinne. Wir haben das erst im Nachhinein erfahren und sehen können.

Da ist schon die Frage, ob wir in diesem Punkt wirklich ansetzen sollten. Noch glaube ich, dass es richtig ist, auch im Interesse der Neuregelung des Weisungsrechts, dass ich dabei bleibe, dass wir die Berichtspflichten zurückdrängen und wir eine Aus­bildungsoffensive bei den jungen Staatsanwältinnen und Staatsanwälten, Richterinnen und Richtern starten. Wir überlegen aber noch, was man in diesem Bereich vielleicht tun kann, um in der Begründung so etwas, was hier passiert ist, zu vermeiden.

Aber eine generelle Rückkehr zu einer umfassenderen Berichtspflicht täte mir – ich sage es ganz offen – weh, weil das einfach meiner Überzeugung widerspricht und eigentlich auch ein Rückschritt wäre nach dem, was wir mit der Reform des Weisungs­rechts erreicht haben.

Also grundsätzlich bleibt es einmal dabei: Wir haben die Berichtspflichten reduziert, wir haben sie zurückgedrängt. Und in diesem speziellen und so hochsensiblen Themen­bereich, der hier mit der angesprochenen Entscheidung deutlich geworden ist, haben wir – abgesehen von der Ausbildungsoffensive und von der Sicherstellung der Infor­mation der Anzeiger von der jeweiligen Entscheidung – schon noch einige interne Überlegungen, wie wir hier vielleicht noch mehr tun können. Aber eine generelle Rückkehr zu einer umfassenden Berichtspflicht, sei es auch nur für diesen Bereich der betroffenen Delikte, scheint mir derzeit nicht notwendig und auch nicht sinnvoll zu sein.

 


Vizepräsidentin Ingrid Winkler: Noch eine Zusatzfrage? – Bitte, Herr Bundesrat Jenewein.

 


Bundesrat Hans-Jörg Jenewein (FPÖ, Wien): Sehr geehrter Herr Bundesminister, ich möchte der Intention der Anfragestellerin durchaus beipflichten, weil ich der Meinung bin, dass ein Gerichtssaal von Haus aus keinen geeigneten Ort für eine historische Debatte darstellt – das gilt im Übrigen auch für ein Parlament!

Wir haben heute schon bei der zweiten Frage über die steigenden Probleme, die wir in diesem Land mit Verhetzung und mit einem Anstieg des Antisemitismus im Zusam­menhang mit Hasspostings haben, gesprochen. Es gibt jetzt natürlich die entsprechen­den gesetzlichen Regelungen, die dazu da sind, diesen Anstieg zu bekämpfen.

Meine Frage an Sie, Herr Bundesminister, lautet daher: Wie kann auch künftig sicher­gestellt werden – bei aller Sensibilität, die dieses Thema ohne Zweifel verlangt; darin sind wir uns alle einig –, dass das hohe Gut der Meinungsfreiheit auch in Zukunft garantiert ist und dass wir uns nicht – Sie als Minister nicht, aber auch wir als Legislative nicht – dem Vorwurf aussetzen, dass wir hier mit Meinungszensur arbeiten? Denn: Die Debatte rund um das Stichwort „Lügenpresse“ kennen wir ja alle. Das ist keine erstrebenswerte Geschichte, und da müssen wir ebenfalls ein hohes Sensorium entwickeln.

 


Vizepräsidentin Ingrid Winkler|: Bitte, Herr Minister.

 


Bundesminister für Justiz Dr. Wolfgang Brandstetter: Herr Bundesrat, die Antwort auf diese Frage ist sehr einfach: Sie besteht schlicht im Verweis auf unsere Verfas­sung, auf unsere verfassungsrechtlichen Regelungen. Wir haben einen entsprechen-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite