BundesratStenographisches Protokoll852. Sitzung / Seite 143

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Ausbildung bezogen, Sie haben es bei Krankheit bezogen, Sie haben es bei der Babykarenz bezogen, Sie haben es bei einem Jobverlust bezogen und Sie haben es in der Pension bezogen. (Bundesrat Herbert: Da haben wir dafür auch eingezahlt!) Da haben Sie auch sehr gerne vom Sozialstaat Geld genommen, und jetzt wollen Sie die wirklich Hilflosen, die Letzten in unserer Kette, nicht mit dieser Mindestsicherung bedenken!

Meine Damen und Herren, eine Redakteurin hat in ihrem Leitartikel in „NEWS“ ge­schrieben: „Wollen wir ein anderes Österreich? Wer die Mindestsicherung kürzen will, möchte eine andere Gesellschaft“.

Mittlerweile bin ich auch schon der Meinung, dass es in diese Richtung geht. Damit möchte ich im Grunde genommen auch schließen. Am Ende muss uns dann wirklich klar sein: Wer die Mindestsicherung kürzen will, möchte eine andere Gesellschaft, und zwar eine, die in jene mit Geld und jene ohne Geld gespalten ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der Grünen.)

18.07


Präsident Josef Saller: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Frau Bundesrätin Mag. Dr. Dziedzic.

 


18.08.02

Bundesrätin Mag. Dr. Ewa Dziedzic (Grüne, Wien): Keine Angst, ich halte jetzt keine lange polemische Rede, sondern fasse zusammen, was ich aus der heutigen Debatte mitnehme.

Unter 1 Prozent liegen die Ausgaben des Sozialbudgets in Österreich, das wurde heute schon erwähnt. Wir wissen, dass die Ausgaben für viele andere Dinge weit höher sind, und da stellt sich auch die Frage, inwiefern die sogenannte Solidargesell­schaft diese mittragen möchte. Als Stichwort nenne ich beispielsweise die Hypo. Wir haben auch gehört, dass in Oberösterreich die Sozialausgaben 0,9 Prozent des Lan­desbudgets ausmachen. Also allein das Budget ist, glaube ich, jetzt kein stichhaltiges Argument.

Ich glaube, dass sehr oft die Polemik das logische Denken ein bisschen vernebelt, denn wenn Sie nämlich sagen, dass das, was Oberösterreich an Kürzungen plant, für Flüchtlinge, die sich gerade irgendwo auf einer Route befinden und das gar nicht mitbe­kommen, abschreckend wirkt, dann kann das nicht stimmen, sondern ist einfach nur den anderen Bundesländern gegenüber unsolidarisch. Genauso ist es, wenn Sie sagen, dass wir jetzt diesen Sozialabbau eigentlich forcieren müssen, damit Men­schen, die nach Österreich kommen wollen, das weniger gerne tun. Das ist für mich auch keine logische Schlussfolgerung, denn die werden so und so kommen, weil sie flüchten.

Und Sie haben schon recht: Es sind nicht nur Kriegsflüchtlinge, es sind auch Wirt­schaftsflüchtlinge. Aber wir werden es mit einer Kürzung nicht schaffen, dass diese Menschen sich nicht auf den Weg in andere Länder machen, wo sie sich ein besseres Leben erhoffen. Das wird bei einer Kürzung in Oberösterreich nicht aufhören, das wird mit einem Sozialabbau in ganz Österreich nicht aufhören. Und das wird auch nicht aufhören, wenn wir diesen Menschen jegliche Grundlage nehmen, damit sie ein neues Leben aufbauen können.

Zur „sozialen Hängematte“ noch ganz kurz: 72 Prozent der österreichischen Bevöl­kerung betrachten die Mindestsicherung nicht als eine solche, sondern als eine Art Armutsprävention.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite