BundesratStenographisches Protokoll863. Sitzung / Seite 16

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langfristige Projekte anstoßen und über Legislaturperioden hinaus Schwerpunkte set­zen, so wie wir es in der Frage des digitalen Wandels vor einem Jahr getan haben oder heuer mit dem Schwerpunkt zur digitalen Courage. Wir sind die Kammer der Kinder­rechte, wir haben den Zukunftsausschuss, und wir stehen zu Recht im Zentrum der ös­terreichischen Europapolitik. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie der Bundesräte Scherer­bauer und Stögmüller.)

Das allein reicht aber nicht, wir müssen auch selbstkritisch fragen, wie wir als Bundes­rat wahrgenommen werden und was wir besser machen können. Ich will einfach nicht akzeptieren, dass wir uns als Länderkammer permanent für unsere Arbeit rechtfertigen müssen; und ich glaube, da stimmt ihr mir alle zu. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.) Was ich in meiner Zeit hier im Bundesrat gelernt habe, ist, dass in unserer Kammer beeindru­ckende Arbeit passiert, dass wir Bundesrätinnen und Bundesräte aber auch viel zu oft in Selbstzweifel verfallen, dass wir manchmal nur auf Kritik reagieren, statt selbst zu agieren.

Demokratie – davon bin ich überzeugt – braucht den permanenten Willen, besser zu wer­den, sich weiterzuentwickeln. Nehmen wir uns das zu Herzen! Der Bundesrat bietet uns heute schon so viele Möglichkeiten, die wir aber noch nicht bis zum Ende ausreizen. Allein der Zukunftsausschuss ist eine Errungenschaft, die wir noch viel aktiver einset­zen könnten. Da geht es nicht um Partei- oder Regierungspolitik, sondern darum, dass wir als Mitglieder dieser Kammer ein neues Selbstverständnis sowie den Mut brau­chen, unseren Bundesrat auch weiterzuentwickeln.

Ja, natürlich brauchen wir mehr Kompetenzen, denn schließlich ist der Bundesrat laut Verfassung das einzige Organ des Föderalismus in unserem Land. Ich bin aber über­zeugt davon, dass wir auch die Spielräume ausreizen müssen, die wir schon heute ha­ben. Trauen wir uns mehr zu, seien wir mutiger!

Ich meine es ernst, wenn ich sage, dass ich zutiefst daran glaube, dass Österreich ei­nen starken, aktiven und präsenten Bundesrat braucht. (Allgemeiner Beifall.)

Ich hoffe, dass ich mit meiner Präsidentschaft einen Beitrag zur Stärkung unserer Kam­mer leisten konnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Österreicherinnen! Liebe Österreicher! Lassen Sie mich abschließend noch folgenden Gedanken formulieren: Wir alle erfah­ren aus den Medien leider viel zu oft von furchtbaren Gewalt- und Terrorakten auf der ganzen Welt. Das sind Entwicklungen, vor denen wir niemals die Augen verschließen dürfen. Wir dürfen aber auch nicht auf jene Akte von Gewalt und Ausgrenzung verges­sen, die Tag für Tag vor unseren Augen passieren.

Wenn Anfang November ein junges Mädchen in Wien von gleichaltrigen Burschen bru­tal zusammengeschlagen und dabei gefilmt wurde und diese Tat auf Facebook mehr als 2,8 Millionen Menschen erreichte, wenn fast zur selben Zeit eine junge Frau in Ber­lin von einem Mann die Treppe hinuntergetreten wurde, wenn in der Nacht von 2. auf 3. Dezember zwei junge Männer geschlagen wurden, nur weil sie sich auf offener Stra­ße geküsst haben, und wenn nur wenige Tage darauf zwei Jungs brutal angegriffen wur­den, nur weil sie Händchen hielten, dann hört sich für mich jeder Spaß auf. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen.)

Niemand – absolut niemand! hat das Recht, Gewalt gegenüber Kindern, Frauen oder Männern auszuüben. Absolut niemand hat dieses Recht! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und Grünen sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

Ich wünsche mir vom Jahr 2017, dass kein Mensch – kein Kind, keine Frau, kein Mann – aufgrund seines Geschlechts, seines Alters, seiner Herkunft, seiner Religion, seiner se­xuellen Orientierung oder einer Behinderung (Bundesrätin Mühlwerth: Oder der politi-


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