BundesratStenographisches Protokoll863. Sitzung / Seite 20

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Nur zum Vergleich: Beim Kyoto-Protokoll, das eigentlich viel weniger weitreichend war, dauerte dieser Prozess sieben Jahre. Das zeigt meiner Meinung nach schon, dass es dieses Mal um mehr geht als um eine Alibiaktion zur Gewissensberuhigung. Es geht um den Ausstieg aus fossiler Energie und die Begrenzung der Erderwärmung mit dem 2-Grad-Ziel. Es geht in Wirklichkeit – und das ist schon angesprochen worden – um eine große Transformation. Es geht um die Transformation unserer Gesellschaft, unse­rer Wirtschaft und unserer Lebensweise. Es geht meiner Meinung nach auch darum, mit diesem Weltklimavertrag einen Gesamtansatz zu finden, anstatt Einzelstrategien zu verfolgen.

Klimaschutz kann meiner Meinung nach nicht aufgezwungen werden, sondern muss gewollt werden, und ich glaube, wir müssen auch die soziale Frage mit dem Klima­schutz verbinden. Ein bisschen überspitzt gesagt: Was nützt uns die energieeffizien­teste Wohnung, wenn sich diese niemand leisten kann? Nur ein für die Menschen leist­barer Klimaschutz ist auch ein nachhaltiger Klimaschutz. Lassen Sie mich daher vier Punkte formulieren:

Punkt eins: Wir sitzen alle im selben Boot, und niemand kann aussteigen. Viel zu oft wurde auch in Diskussionen hier im Bundesrat schon gesagt, es sollen einmal die Chi­nesen, die Asiaten und die Amerikaner ihre Hausaufgaben machen. Dass dies eine Lö­sung darstellt, möchte ich anhand einer Studie widerlegen: Der österreichische Sach­standsbericht 2014 hat relativ eindrucksvoll gezeigt, dass sich unser Warenverbrauch und unser Konsum hier in Österreich ganz massiv auf den CO2-Ausstoß in anderen Weltregionen auswirkt. Die CO2-Emissionen, die bei der Produktion von Gütern im Aus­land, die dann in der Folge nach Österreich importiert werden, anfallen, werden auch graue Emissionen genannt. Diese CO2-Mengen, diese grauen Emissionen, sind mit 62 Mil­lionen Tonnen fast genauso hoch wie jene CO2-Mengen, die wir hier in Österreich di­rekt ausstoßen. Wir importieren zum Beispiel durch unseren Warenverbrauch 12 Mil­lionen Tonnen CO2 aus Asien, während wir nur 2 Millionen Tonnen nach Asien expor­tieren; ähnlich sind die Verhältnisse hinsichtlich Nordamerika und Russland.

Schon im Regierungsprogramm ist deshalb richtigerweise angeführt, dass der Klima­schutz auch in internationalen Handelsabkommen verankert und berücksichtigt werden muss. Das ist bei CETA, muss man offen sagen, nicht wirklich gelungen. Da muss bei TTIP und Co wesentlich mehr drin sein, denn wir sitzen letztendlich alle im selben Boot.

Punkt zwei: Klimaschutz vertreibt niemanden und ist wirtschaftlich vertretbar. Eine deut­sche Studie unter 16 000 UnternehmerInnen hat gezeigt, dass es nicht CO2-Zertifikate sind, die Unternehmen zur Abwanderung bringen. Die wichtigsten genannten Gründe waren Arbeitskosten und Erschließung neuer Märkte, also das Ausnutzen von niedri­gen Lohnstandards und schlechten Arbeitsbedingungen für ArbeitnehmerInnen und neue Expansionsgebiete.

Auch eine Studie der Europäischen Kommission hat gezeigt, dass das sogenannte Carbon Leakage, also die Produktionsverlagerung aufgrund von CO2-Kosten, auf andere Fak­toren zurückzuführen ist: Verlagerung der Nachfrage, Arbeitskosten und Energiepreise.

Und noch wichtiger: Erneuerbare Energien sind wettbewerbsfähig und keine geschütz­te Werkstätte. Bloomberg New Energy Finance hat einen empirischen Befund geliefert, dass die Kosten für fossile Kraftwerke schon seit Jahren stabil sind, während sie für er­neuerbare Energien deutlich sinken, für PV-Anlagen in den letzten sechs Jahren um 24 Prozent, für Batteriespeichersysteme um ganze 65 Prozent. Also erneuerbare Ener­gien müssen nicht nur klimapolitisch gefördert werden, sondern tragen sich auch wirt­schaftlich hervorragend.

Punkt drei: In Österreich, glaube ich, müssen wir es jetzt rasch angehen und rasch vor­wärtskommen. Wir sind gefordert, unser Ziel, 36 Prozent Reduktion der Emissionen,


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite