BundesratStenographisches Protokoll863. Sitzung / Seite 169

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über das, was Vorrednerinnen und Vorredner zu diesem Thema da schon zum Besten gegeben haben. Eines muss ich jedoch schon vorweg anmerken, Frau Kollegin Mühl­werth: Sie haben jetzt doch tatsächlich manchen Kindern das Menschsein abgespro­chen! Ich bin echt fassungslos. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmül­ler.) Sie haben nämlich behauptet, dass es Kinder gibt, die nicht lernfähig wären, und dass es Kinder gibt, die nicht lernwillig wären. – Der Mensch zeichnet sich durch Lern­willigkeit und Lernfähigkeit aus, und diese Aussage finde ich wirklich einfach ungeheu­erlich.

Die Sache kann vielleicht auch damit zu tun haben, dass unsere Einrichtungen und Sys­teme noch nicht kindgerecht genug sind. Wir wissen, dass jedes Kind ein Lernbedürf­nis und eine Neugierde hat, das ist ihm angeboren. Das kann dem Kind nur abgewöhnt werden, wenn das Schulsystem oder das Bildungssystem es darin einschränken.

Sie haben über die verschränkte Ganztagsschulform gesprochen – das ist genau die Form, die dem Bedürfnis des Kindes entgegenkommt. Ein Kind hat das Bedürfnis, im Lau­fe des Tages zu lernen, sich zwischendurch auszuruhen, zwischendurch mit Freunden etwas zu machen, sich zwischendurch zu bewegen und dann wieder zu lernen, wieder neugierig zu sein und so weiter. Das kann eine verschränkte Ganztagsschule leisten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Bundesrates Stögmüller.)

Man darf da einfach nicht das System in den Mittelpunkt stellen, sondern das Kind und seine Bedürfnisse, nur dann kann eine konstruktive Entwicklung eines Bildungssys­tems gelingen. Das musste ich jetzt einfach vorweg sagen. (Zwischenruf der Bundes­rätin Mühlwerth.)

Was diese hatscherten Vergleiche – tut mir leid, also diese unkorrekten Vergleiche – angeht: Wir wissen, dass Estland einen sehr hohen Anteil an Kindern mit russischer Her­kunft hat. Zu behaupten, die hätten einen Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund im Bereich von einem oder zwei Prozent, ist einfach falsch. (Bundesministerin Ham­merschmid: 25 Prozent! – Bundesrätin Mühlwerth: Das ist doch etwas ganz ande­res – warum wir schon wieder Äpfel mit Birnen vergleichen!)

Jetzt komme ich aber zu meinem eigentlichen Konzept und versuche, da noch ein paar Punkte einzubringen. Ich möchte mich zuerst sehr, sehr herzlich bei allen Mitarbeiterin­nen im Ministerium für diesen Nationalen Bildungsbericht, für beide Teile, bedanken.

Ich denke, er liefert nicht nur aktuelle Zahlen, Daten und Fakten, die wesentlich sind, um die richtigen Schlüsse zu ziehen und sich weiterzuentwickeln. Seit es diese Bil­dungsberichte gibt, gelingt es uns eben, zu vergleichen, Entwicklungen zu dokumentie­ren, Verbesserungen zu erkennen, aber natürlich auch Verschlechterungen zu sehen und darauf zu reagieren. Ich meine, das ist sehr wesentlich. – Herzlichen Dank für diese fun­dierte Grundlage, die wir da bekommen.

Wir haben schon darüber gesprochen, dass uns jetzt die neuesten PISA-Ergebnisse wieder eingeholt haben, und die meisten Stichwörter sind schon gefallen. Ich möchte trotz­dem noch auf diese Bildungsvererbung eingehen, weil Kollegin Stöckl-Wolkerstorfer die­ses Thema der Gräben angesprochen hat. Sie sagt, wir müssen versuchen, diese Grä­ben, die es offensichtlich zwischen gesellschaftlichen Schichten gibt, zu schließen. Ich ziehe einen anderen Schluss: Ich denke, auch das kann nur gelingen, wenn alle unter ei­nem Dach zusammenkommen und nicht wieder die Bildungselite es sich richten kann, denn genau dann produziert man schon wieder diesen Graben.

Es ist schade, dass Kollegin Stöckl-Wolkerstorfer jetzt nicht anwesend ist. Ich ziehe ein­fach einen anderen Schluss daraus und denke, Gräben können nur geschlossen wer­den, wenn man alle Gesellschaftsgruppen beisammen hat und gemeinsam weiterent­wickeln kann.

 


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