BundesratStenographisches Protokoll864. Sitzung / Seite 38

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nämlich mit einer wirklichen Arbeitszeitverkürzung, aber das findet sich in diesem Arbeitsübereinkommen überhaupt nicht.

Diskutieren wir darüber! Wir brauchen zumindest einmal eine Reduktion auf 35 Arbeits­wochenstunden. Das wäre dringend nötig, keine Flexibilisierung, sondern eine Redu­zie­rung der Lohnarbeit. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Ein Punkt, den ich begrüße, zumindest geht er in die richtige Richtung, ist der Mindest­lohn. Geplant sind 1 500 € brutto, das sind knapp 1 200 € netto. Das ist für uns Grüne schon einmal ein Schritt, aber trotzdem einfach zu wenig, damit sich Lohnarbeit wirk­lich auszahlt.

Wir wollen einen Mindestlohn von 1 750 €, das heißt dann knapp 1 350 € auf die Hand für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Was mich dabei aber primär stört, ist die Verzögerungstaktik. Die Bundesregierung könnte in den nächsten Wochen bereits einen Mindestlohn beschließen, aber man spielt den Ball zu den Sozialpartnern. Für mich ist das unverständlich. Ich bin klar für einen gesetzlichen Mindestlohn, denn dieser umschließt auch die Berufe, die jetzt noch nicht mit einem Kollektivvertrag geregelt sind, wie zum Beispiel ArbeitnehmerInnen in der Abfallwirtschaft.

Ja, beschließen wir einen Mindestlohn: 1 750 €, ehest, zugunsten der Menschen, die wenig verdienen! Schauen wir aber auch gleichzeitig, dass nicht zusätzliche Belas­tungen für Klein- und Mittelbetriebe kommen – durch eine wirkliche Lohnnebenkos­tensenkung!

Da wir gerade beim Mindestlohn für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind, möchte ich auch einen Punkt einwerfen, der mich persönlich in diesem Arbeitspro­gramm sehr enttäuscht hat: Das ist das angebliche Lehrlingspaket. Dieses wurde heute schon ein paarmal gelobt, es umfasst zum einen die Kostenübernahme von Vorbereitungskursen für die Lehrabschlussprüfungen und zum anderen den Ausbau der Auslandspraktika für Lehrlinge mittels Erasmus+.

Die Kostenübernahme für die Vorbereitungskurse kann man nur unterstützen, das ist ein guter Weg. Erasmus+ finde ich natürlich ein gutes Programm, aber ganz ehrlich: Wer nimmt es in Anspruch? Es sind zurzeit 750 Lehrlinge. Die ganz wenigen, die ich kenne, kommen aus dem IT-Bereich, von Kapsch bis IBM, oder von Betrieben (Bun­desrätin Zwazl: Stimmt nicht! Stimmt nicht! Stimmt nicht! – Zwischenruf des Bundes­rates Mario Lindner), die im Ausland sowieso einen weiteren Firmensitz haben. 750 Lehrlinge sind nicht gerade viel.

Also diese beiden Maßnahmen als Lehrlingspaket zu verkaufen ... (Bundesrätin Zwazl: Nein, nein, nein! Wir haben Zimmerer, wir haben Schlosser, wir haben ...! – Bundesrat Mario Lindner: Vollkommen richtig!) – Ich kenne keine, die irgendwo im Ausland waren. Also diese beiden Maßnahmen als großes Lehrlingspaket in diesem Regie­rungs­programm zu verkaufen ist mir einfach zu wenig, denn wir brauchen ein wirk­liches Maßnahmenpaket, wenn es um Lehrlinge, um die Zukunft der Fachkräfte geht.

Wenn wir über einen Mindestlohn für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer reden, dann sollten wir auch über einen Mindestlohn für Lehrlinge reden. Reden wir über 500, 600 € netto auf die Hand für Lehrlinge, egal, ob es sich um typische Männerberufe oder Frauenberufe handelt! Es geht um einen Mindestlohn, und wo immer noch individuell mehr bezahlt werden kann, ist das überhaupt kein Problem.

Ja, das wäre wieder ein Anreiz für junge Menschen, sich für einen Lehrberuf als zukünftige Fachkraft zu entscheiden. Wenn man sich anschaut, was junge Menschen, junge Lehrlinge zurzeit bekommen – BäckerIn 394 € netto, FriseurIn 390 €, FotografIn 365 € netto, aber auch Bürokauffrau, Bürokaufmann, zum Beispiel im chemischen


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