BundesratStenographisches Protokoll865. Sitzung / Seite 12

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mit dem Thema Pflege und Pflegefinanzierung für die Zukunft massiv auseinander­setzen müssen. Deshalb herzlichen Dank für diese Positionierung!

Meine Damen und Herren! Als Tiroler Landeshauptmann möchte ich mich zuerst mit dem Föderalismus auseinandersetzen. Ich erlebe immer wieder, dass viele meinen, das, was zentral ist, ist gut und billig und effizient, und das, was dezentral ist, ist schlecht und nicht effizient. – So ein Quatsch! (Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ sowie des Bundesrates Mayer.) Deshalb, denke ich, müssen wir die Dinge einmal zurechtrücken.

Wir müssen eines erkennen: In den Gemeinden soll das getan werden, was sie können. Wenn es in der Gemeinde nicht geht, dann kommt die nächste Ebene dran, das sind die Länder. Was die Länder besorgen können, ist in den Ländern zu erledigen. Dann kommt der Bund mit der Aufgabe, die Dinge zu erledigen, zu denen die Länder nicht mehr in der Lage sind, weil es Themen sind, die weit über das Spektrum der Länder hinausgehen. So ist das auch mit der EU zu sehen.

Es gibt in diesem Zusammenhang ein Zitat von Daniel Bell. Er hat einmal gesagt, der Nationalstaat sei zu groß, um kleine Probleme zu bewältigen, und zu klein, um große Probleme zu bewältigen.

Wir müssen uns einmal genauer anschauen, was das heißt: Wenn man meint, dass Ebenen wie die Landtage letztendlich aufgehoben werden sollen, ist das mit Sicherheit die falsche Antwort. Daniel Bell hat das, glaube ich, ganz genau auf den Punkt ge­bracht.

Was die Länder und auch den Föderalismus betrifft, ist Folgendes zu sagen: Uns wird immer wieder die Vorhaltung gemacht, die Länder seien die Reformverweigerer – im Gegenteil! Ich werde kurz auf die Bildungsreform zu sprechen kommen, da sind gerade die Länder jene – auch das Ländle –, die offensiv Veränderungen haben wollen. Ich denke da gerade an die Verwaltungsreformen, die in den Ländern umgesetzt werden, aber auch an den Finanzausgleich. Da haben wir sehr offensiv agiert und mit dem Finanzminister Reformlösungen zustande gebracht, bei denen es in Richtung Aufga­ben­orientierung geht. An diesen Beispielen sieht man, dass die Länder äußerst daran interessiert sind, Reformen gemeinsam mit dem Bund umzusetzen.

Wenn ich mir den Zentralismus anschaue, so beschäftigt mich momentan die Euro­päische Union intensiv. Ich sage Ihnen: Ich bin ein absoluter Befürworter der europä­ischen Integration – Punkt. Ich bin es, ich werde es immer bleiben. Das soll uns aber nicht daran hindern, auf eine Schieflage hinzuweisen, wenn wir eine haben. Es ist einfach so, dass sich die Europäische Union dringend mit den großen Linien auseinan­dersetzen muss und die kleinen Bereiche in den Regionen gestaltet werden müssen. Es kann nicht sein, dass wir von der Europäischen Union von Brüssel aus bis ins Kleinste reglementiert werden, was die Regionen betrifft. Das geht in die falsche Rich­tung.

Jean-Claude Juncker hat jetzt auch schon Überlegungen dahin gehend angestellt. Ich werde ihn Ende März wieder treffen, ich kenne ihn auch von früher. Er sagt: Europa wird sich verändern müssen, auch aufgrund der gesamten Stimmungslage, die wir haben.

Fatal ist die Situation der Flüchtlings- und Migrationswelle. Die Europäische Union hat es nicht geschafft, die EU-Außengrenzen ordentlich abzusichern, damit wir den freien Verkehr in Europa gewährleisten können. Wir haben uns damals gefreut, als die Schengenerweiterung stattgefunden hat. Ich war Innenminister, als wir diese Schen­generweiterung mit der Tschechischen Republik, der Slowakei, Slowenien und Ungarn vorgenommen haben. Das war ein Meilenstein der europäischen Integration. Jetzt


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