BundesratStenographisches Protokoll865. Sitzung / Seite 26

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meister sind und Josef heißen, als es weibliche Bürgermeisterinnen gibt. (Heiterkeit und Beifall bei den Grünen sowie Heiterkeit bei Bundesräten der ÖVP. – Bundesrat Mayer: Heiliger Josef!)

Wir haben in Österreich nur eine einzige Landesregierung, die paritätisch besetzt ist, nämlich jene von Tirol – obwohl ich da schon kurz erwähnen muss, dass die Grünen 100 Prozent Frauen in die Landesregierung gewählt haben, was schon maßgeblich zur Parität beigetragen hat. (Neuerliche Heiterkeit bei Bundesräten der ÖVP.) Ich habe mir auch sagen lassen, dass das Arbeitsklima in 50/50-Zusammensetzungen ein sehr gutes ist. Ich hoffe, Sie können mir das bestätigen.

Es macht einen riesengroßen Unterschied, wenn Frauen in Entscheidungspositionen sitzen. Sie haben einfach eine andere Sichtweise, eine andere Herangehensweise an Herausforderungen und setzen Prioritäten anders. Gender Budgeting ist da nur ein Schlagwort aus dieser riesigen Materie: Wofür wird Geld ausgegeben? Wo ist es mir wichtig, dass Geld hinfließt? – In Tirol wird zum Beispiel gerade ein Schwerpunkt auf den Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen gelegt, um vor allem Frauen im länd­lichen Raum die Möglichkeit zu geben, Familie und Beruf zu vereinbaren, ohne ständig am Limit sein zu müssen, ohne ständig herumjonglieren zu müssen.

Den öffentlichen Verkehr habe ich vorhin schon angesprochen. Gerade Frauen am Land nutzen den öffentlichen Verkehr mehr, weshalb ein verstärktes Augenmerk darauf gelegt werden muss. Es braucht eine gute Vertaktung, sodass die öffentlichen Verkehrsmittel auch wirklich gut genutzt werden können.

Im Sozialbereich ist es erst recht wichtig, dass Frauen mitentscheiden, denn da trifft es Frauen am öftesten. Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden – wir sagen das immer wieder, wir pushen das Thema immer wieder –, die dafür sorgen, dass Frauen nicht weiterhin wie selbstverständlich den Großteil der unbezahlten Arbeit machen, von der Kinderbetreuung über den Haushalt bis hin zur Pflege, und dann zum Dank zu wenig soziale Absicherung und Altersarmut dafür bekommen.

Da schließt sich dann auch wieder ein bisschen der Kreis. Frauen sind nämlich vor allem in ehrenamtlichen Entscheidungsgremien unterbesetzt. Es gibt gar nicht so wenige Gemeinden, in denen im Gemeinderat keine einzige Frau sitzt. Jetzt stellen Sie sich das einmal umgedreht vor, was das für einen Aufschrei gäbe, wenn es irgendwo einen rein weiblich zusammengesetzten Gemeinderat gäbe. Das würde so auffallen und in die andere Richtung ... (Bundesrat Mayer: Das kommt schon noch! In Tirol kommen nur ...!) – Ja, hoffentlich!

Ein ganz ausschlaggebender Grund dafür ist eben genau der Umstand, dass Frauen den Großteil der unbezahlten Arbeit jetzt schon leisten und nicht nebenher noch zeitraubende ehrenamtliche Tätigkeiten machen können wie beispielsweise die Aus­übung eines Gemeinderatsmandats, wo es so ist, dass die Sitzungen meistens am Abend stattfinden, wodurch dann wieder die Kinderbetreuung und so weiter ein Riesenproblem darstellt. Aber genau in diesen Gremien werden dann die Entschei­dungen getroffen, die Frauen und ihre Bedürfnisse zu wenig berücksichtigen. Dadurch wird wieder die Teilhabe von Frauen am Entscheidungsprozess erschwert, und das dreht sich dann immer wieder im Kreis: Es wird weiter für Frauen entschieden, anstatt gemeinsam mit den Frauen zu entscheiden.

Es gibt ein mittlerweile recht bekanntes Zitat unseres ehemaligen Kollegen Dörfler – als ich die Rede geschrieben habe, war sein Rücktritt noch nicht bekanntgegeben –, der einmal gesagt hat, ich darf kurz zitieren: „Frauen sind zu schade für die Politik. Sie sind viel sensibler als Männer, zu sensibel.“ Was im Wahlkampf auszuhalten ist, möchte er „keiner Frau zumuten“. (Bundesrat Längle: Das ist schon sehr unfair, das jetzt zu sagen, wo er nicht mehr da ist!)

 


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