BundesratStenographisches Protokoll865. Sitzung / Seite 40

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

wieder stärker werden wird; Stichwort ÄrztInnenmangel auf dem Land bis hin zur fehlenden Nahversorgung in vielen Gebieten.

Ich habe jetzt ganz viele Vorteile und Chancen aufgezählt, aber wo viel Licht ist, ist auch immer viel Schatten. Es gibt auch viele Risiken bei der Digitalisierung in der Arbeitswelt. Wir haben das hier im Haus ja oft, dass gerade bei neuen Heraus­forde­rungen die gesetzlichen Grundlagen oder Rahmenbedingungen noch nicht passen oder nicht zeitgemäß sind.

Ich habe eingangs gesagt, mit der Digitalisierung könne man arbeiten, egal wo man ist, egal wie spät es ist. Das ist der große Vorteil, aber auch der größte Nachteil oder vielmehr die größte Gefahr! Ständige Erreichbarkeit, ständige Verfügbarkeit am Abend, am Wochenende, im Urlaub, all das nimmt immer mehr zu, die Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit verschwimmen immer mehr. Von den ArbeitnehmerInnen wird viel verlangt, und das ist enorm belastend, psychisch und auch physisch. Da braucht es klare Vorgaben im ArbeitnehmerInnenschutz.

Es braucht Arbeitszeitmodelle für Flexibilität – zugunsten und nicht zulasten der ArbeitnehmerInnen –, und es braucht vor allem auch eine Planbarkeit. Man muss also nicht immer flexibel zur Verfügung stehen können. Bisherige Errungenschaften im Arbeit­nehmerInnenschutz dürfen durch die Digitalisierung der Arbeitswelt nicht ausgehöhlt werden. Flexibilität darf nicht heißen, dass man jederzeit, auch am Abend, verfügbar ist oder krank mit Laptop und Handy im Bett liegt.

Ich habe vorhin gesagt, dass es dann vielleicht einmal möglich sein kann, dass kein Pflegeurlaub genommen werden muss, weil es sich auch so gut mit der Arbeit vereinbaren lässt. Das kann eine Option sein, es darf aber nicht verpflichtend sein. Dass man sich voll und ganz dem kranken Kind widmen kann, muss natürlich auch weiterhin in vollem Umfang möglich sein.

Auf keinen Fall darf die Entwicklung wieder einen Rückschritt machen. So wie die Mütter früher die Kinder am Rücken mit aufs Feld genommen haben, wuseln dann die Kinder rund um die Mama, während die Mama am Küchentisch mit dem Laptop ihren digitalen Arbeitsplatz wahrnimmt – also das muss einfach alles klar geregelt sein.

Da habe ich jetzt die gleichen Schlussworte wie mein Vorredner: Die Frage nach der Digitalisierung stellt sich nicht, die Digitalisierung ist da und sie ist unaufhaltsam! Es kommt darauf an, wie wir damit umgehen, wie wir die Digitalisierung in der Arbeitswelt steuern – oder ob wir uns von der Digitalisierung steuern lassen.

Ich bin überzeugt davon, dass dieser Teil der Digitalisierung, den ich gerade umrissen habe, also Digitalisierung in der Arbeitswelt, sehr viele Chancen und Möglichkeiten bietet, Chancen für den ländlichen Raum, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für Frauen und gegen Landflucht, für weniger Verkehr und nicht zuletzt natürlich auch für alle ArbeitgeberInnen, weil es da wahnsinnig großes Potenzial für motivierte, zufriedene MitarbeiterInnen gibt, die dann auch Topleistungen bringen.

Die Herausforderung ist es, die Chancen und Vorteile zu nutzen, gewohnte Wege und Denkweisen auch einmal zu verlassen und neu zu denken, aber auch die Risiken ganz klar zu sehen, zu benennen und klare Rahmenbedingungen zu schaffen. Dann steht einer Win-win-Lösung für dieses Thema nichts mehr im Weg. – Danke schön. (All­gemeiner Beifall.)

11.09

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite