BundesratStenographisches Protokoll865. Sitzung / Seite 73

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Jahren im Zuge der Ostöffnung passiert ist! Wir Freiheitliche haben schon in den Neunzigerjahren gesagt, wir sollten die Länder am Balkan nicht so schnell beitreten lassen, zum Beispiel Rumänien, Bulgarien und so weiter, und heute muss man wirklich darüber nachdenken, ob es nicht zu früh und zu schnell war. Das trifft auch durchaus auf die jetzigen Kandidaten – auf Serbien vielleicht eher weniger – zu.

Es ist nichts dagegen zu sagen, dass diese Länder mit uns kooperieren, aber auch dort gibt es verschiedene Wirtschaftsgeschwindigkeiten, das Rechtssystem ist nicht das gleiche, und man muss sich auch die Korruption anschauen. Auch da muss man sich die Frage stellen, ob das – denn die meisten davon sind ja Beitrittskandidaten – wirklich so schnell passieren muss, ohne dass der Eindruck entsteht, wir würden sie nicht wollen. Das stimmt nämlich nicht. Das muss aber doch vielleicht mit Maß und Ziel passieren und, was die Geschwindigkeit betrifft, halt mit Bedacht, damit wir nicht die Armenhäuser Europas werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Türkei ist sowieso ein eigenes Kapitel, erhält auch in dem Arbeitsprogramm ein eigenes Kapitel, und das zu Recht. Als wir in den Neunzigerjahren gesagt haben, die Türkei sei kein EU-Beitrittskandidat, sind wir noch von allen Seiten gescholten worden. Alle haben gesagt, das ist ganz furchtbar, wie das ja oft bei Dingen, die uns betreffen, der Fall ist. Im Nachhinein haben wir recht bekommen, denn mittlerweile hat sich die Linie ja komplett geändert. Selbst die EU sagt mittlerweile, die Türkei kann nicht mehr Beitrittskandidat sein. Sie, Herr Minister, haben von einem Assoziierungsabkommen gesprochen. Das war etwas, was wir von Anfang an vorgeschlagen haben. Wir haben gesagt, die Türkei ist als Partner, auch als Wirtschaftspartner denkbar, aber keinesfalls als vollwertiges Mitglied der Europäischen Union.

Wenn man sich jetzt anschaut, wie ein selbstverliebter Erdoğan offensichtlich am Reich der Osmanen anknüpfen und der nächste Sultan der Türkei werden möchte, dann ist es ja nur eine logische Konsequenz zu sagen: So geht das nicht! Das, was er jetzt an Erpressungsversuchen unternimmt, haben Sie zu Recht zurückgewiesen. Das überschneidet sich jetzt eben auch mit dem Außenpolitischen Bericht: Es kann so nicht gehen, dass Wahlkampfauftritte türkischer Abgeordneter oder gar Minister in Öster­reich stattfinden, um die türkische Community dazu zu bringen, für das Referendum zu stimmen. Die Absage ist wirklich völlig gerechtfertigt, allein das Ansinnen ist eigentlich schon unmöglich.

Auch das haben wir schon einige Male thematisiert, nämlich dass Leute, wenn De­monstrationen der türkischen Community stattfinden, mit türkischen Fahnen auf die Straße gehen und sich pro Erdoğan äußern. Da frage ich mich, wo eigentlich die Integration geblieben ist, denn ein Großteil dieser Menschen hat schon die öster­reichische Staatsbürgerschaft. Niemand muss seine Wurzeln verleugnen, aber die Loyalität gegenüber dem Land, dessen Staatsbürgerschaft ich habe, muss einfach gewährleistet sein, und das muss jedem Bürger, der die österreichische Staatsbür­gerschaft, die ja ohnehin viel zu oft, viel zu schnell verliehen worden ist, klar sein. Da müssen auch klare Worte gegenüber jenen gesprochen werden, die glauben, sie können es sich überall bequem machen. (Beifall bei der FPÖ.)

Somit sind wir auch schon bei der Doppelstaatsbürgerschaft. Das ist ja etwas, was die Türkei macht. Die türkische Staatsbürgerschaft muss zwar offiziell zurückgegeben werden, beim Hintertürl geht man aber an irgendeiner Stelle wieder hinein und be­kommt die Staatsbürgerschaft wieder verliehen. Österreich weiß davon nichts, zumin­dest offiziell, hören wir immer, man weiß nichts davon. Man kann es aber auch nicht kontrollieren, wobei uns der Beamte am Dienstag im Ausschuss gesagt hat, dass das schon auch eine Sache der Länder wäre.

 


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