BundesratStenographisches Protokoll866. Sitzung / Seite 154

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16.37.23

Bundesrätin Mag. Susanne Kurz (SPÖ, Salzburg): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Es ist ganz klar, dass die SPÖ diesem Zweiten Zusatzprotokoll zum Europäischen Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen zustimmt. Mein Kol­lege Gödl hat geschildert, was dessen Inhalt ist; also ist es für uns natürlich auch mit unserer Zustimmung zu bestätigen. (Vizepräsident Gödl übernimmt den Vorsitz.)

Beim zweiten Punkt, den mein Kollege jetzt sehr ausführlich und auch eindrucksvoll be­handelt hat, weil er eine Geschichte erzählt hat, in dem es um die internationale Kin­desentführung geht, gibt es natürlich verschiedene Aspekte zu beachten. Ich denke ja nicht, dass der geschilderte Fall durch diese Maßnahme hätte geregelt werden können. Herr Kollege, wenn man nicht weiß, wo die Kinder sind, dann kann man ja auch kein Ansuchen stellen oder nicht gerichtlich tätig werden. (Ruf bei der ÖVP: Ja klar!) In sehr vielen Fällen weiß man es jedoch, weil der betreffende Elternteil ja zumeist dorthin zu­rückgeht, wo ursprünglich seine Heimat war. Das ist in den meisten Fällen so.

Man muss wirklich immer schauen, welche Auswirkungen eine solche Entführung hat, denn das hängt einfach immer vom Einzelfall ab. Kinderpsychologisch gesehen ist in erster Linie wichtig, wie die Beziehungen zwischen dem Kind und den Erwachsenen vor­her gelaufen sind, wie sie weitergeführt werden, wie kindgerecht das Umfeld vor dem Entzug des Kindes war. Man kann also nicht sagen, dass das immer das Gleiche ist und das Kind in jedem Fall zurückgestellt werden muss, so dramatisch das Geschehen auch ist. Wir alle kennen aus den Medien Fälle und möglicherweise einen oder eine Betroffene sogar persönlich. Es ist immer ein Drama, wenn ein Kind entführt wird. Kei­ne Frage!

Wir wissen auch, dass das nicht auf bestimmte Familien beschränkt ist, dass Staats­angehörigkeit in Wirklichkeit keine Rolle spielt, dass aber doch auch mit der steigenden Anzahl binationaler Ehen und Partnerschaften eine Zunahme solcher Fälle zu beobachten ist.

Vereinfacht kann man sagen, dass es sich immer dann um Kindesentführung handelt, wenn ein Elternteil das Kind in einen anderen Staat bringt, ohne dass der zweite El­ternteil davon informiert wird und dazu seine Zustimmung gibt. Es werden ja auch manchmal Kindesentführungen verhindert. Ich habe gerade vor Kurzem von einem solchen Fall gehört, in dem ein Vater seine Kinder entführen wollte. Der ist am Flug­hafen angehalten worden, weil er keine Zustimmung der Mutter beibringen konnte, dass die wüsste, dass er jetzt mit seinen Kindern in ein anderes Land fliegt. Auch solche Din­ge gibt es vereinzelt.

Es ist auch immer schwierig zu sagen, was einen Elternteil dazu veranlasst, so etwas zu machen. Da gibt es ganz vielfältige Gründe, und es geht eigentlich immer um die per­sönliche Situation: fehlende Berufsaussichten in dem Land, fehlende finanzielle Sicher­heit, soziale Isolation, weil die Beziehung auseinandergebrochen ist. Sehr oft geht es um die Sorge, das Kind zu verlieren, weil im Streit um die Obsorge klar wird, dass dem anderen Partner das Kind zugesprochen werden könnte.

Es geht um unterschiedliche kulturelle Ansichten betreffend die Erziehung eines Kin­des, oder auch um das Gefühl, gescheitert zu sein und in einem anderen Staat versu­chen zu wollen, wieder neu anzufangen und ein besseres Leben zu führen, aber die Kin­der nicht zurücklassen zu wollen.

Manchmal geht es aber einfach auch um eine Art von Machtausübung, darum, dem an­deren Elternteil das Kind zu entziehen, weil man verletzt wurde, weil Gewalt in der Fa­milie herrscht oder ähnliche Dinge.

Mein Kollege Gödl hat ja schon darauf hingewiesen, dass Vorschriften des internatio­nalen Rechts großen Einfluss auf das Kindesentführungsverfahren und auch auf das Haa-


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