BundesratStenographisches Protokoll868. Sitzung / Seite 68

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Ein paar Sätze noch zum Entschließungsantrag der FPÖ: Ich kann der Intention dieses Antrags folgen und finde sie gut. Aber der im Entschließungsantrag enthaltene Vorschlag einer neuerlichen Prüfung nach dem Verbrechensopfergesetz ist sehr wahrscheinlich nicht zielführend und bringt auch unserer Meinung nach erhebliche Gefahren mit sich. Ich glaube, bei einer neuerlichen Prüfung des Verfahrens ist nicht zu erwarten, dass ei­ne von derselben Behörde bei unveränderter Rechtslage durchgeführte Überprüfung zu einem anderen Ergebnis kommen würde als bei der ersten Überprüfung. Das würde kei­ne Veränderung bringen.

Die Gefahr sehe ich darin, dass bei den betroffenen Menschen durch die neuerliche Überprüfung eine neuerliche, verständliche Erwartungshaltung geweckt würde, die wie­derum aufgrund der gleichbleibenden Rechtslage – wir ändern ja nichts daran – zur Ent­täuschung führen muss und eine Retraumatisierung auslösen kann. Das darf meiner Mei­nung nach nicht passieren.

Das Sozialministerium hat bereits früher schon sehr taugliche Mittel dafür eingesetzt, um Lücken in der Opfergesetzgebung zu erkennen und zu schließen, zum Beispiel bei den Opfern des Nationalsozialismus, die als Kinder von der Ermordung oder Inhaftie­rung und Folterung ihrer Eltern betroffen waren, die nach dem Opferfürsorgegesetz, je­doch nicht als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt wurden. Dies geschah nach ei­ner ersten Sichtung durch unabhängige und behördenfremde WissenschaftlerInnen. Ich glaube, so ein Review-Prozess wäre sinnvoller als eine einfache Neuüberprüfung nach dem bestehenden Gesetz, um alle Lücken und Fehler zu entdecken und zu erkennen und in Zukunft zu vermeiden.

Wir verstehen die Intention der FPÖ, aber finden den Ansatz einfach nicht zielführend. Daher werden wir zum Antrag 222/A(E)-BR/2016 betreffend echte Entschädigungen für Missbrauchsopfer in Kinderheimen einen Abänderungsantrag einbringen. Dieser lautet wie folgt:

Abänderungsantrag

der Bundesräte Stögmüller, Kolleginnen und Kollegen zum Entschließungsantrag be­treffend echte Entschädigung für Missbrauchsopfer in Kinderheimen

Der Entschließungstext lautet:

„Der Bundesrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Ge­sundheit, wird ersucht,

die Verfahren in Zusammenhang mit Missbrauchsvorwürfen in Kinderheimen, sowie die mit diesen Missbrauchshandlungen in Verbindung stehenden wissenschaftlichen Arbei­ten und Kommissionsberichten einer gemeinsamen Sichtung, durch eine Gruppe nicht der Verwaltung des Bundes, der Länder, der Gemeinden oder der Rechtsnachfolger der Heimträger angehörender fachübergreifender ExpertInnen unterziehen zu lassen, mit dem Ziel,

etwaige Lücken in der Rechtslage hinsichtlich der Erfassung, Betreuung und Entschä­digung von Opfern,

etwaige Opfergruppen, die bisher auf Grund einer mangelhaften Rechtslage, fehlender Sachkenntnis oder Erfahrung in der Materie, fehlender Mittel, fehlender Infrastruktur oder mangelhafter Ausstattung der entscheidenden Einrichtungen und/oder Behörden

festzustellen und zu benennen, hinsichtlich der Zahl der wahrscheinlich betroffenen Per­sonen erste Einschätzungen zu treffen und Vorschläge für mögliche Gesetzes-, Struktur- oder Verfahrensänderungen vorzuschlagen, um diese Lücken zu beheben.

 


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