BundesratStenographisches Protokoll869. Sitzung / Seite 77

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fach dem Kapitalismus, den Kapitalisten überlassen, die sich dann nur das Positive raus­picken.

Wir alle sind zufrieden, wenn wir auf gut ausgebauten Straßen fahren können, wenn wir eine Infrastruktur haben, die hervorragend funktioniert, die wir alle nutzen, auf die wir sehr, sehr stolz sind. Daher kann ich mir nicht vorstellen, dass wir alle gemeinsam die Forderung unterstützen: Die Unternehmenssteuern müssen runter! Der Faktor Ar­beit ist noch zu hoch belastet. Das sagen natürlich nicht nur die Gewerkschaften und die Arbeiterkammer, der Faktor Arbeit trägt über 80 Prozent zur Steuerleistung in Ös­terreich bei. Da sind unsere Klein- und Mittelbetriebe in Österreich genau diejenigen, die Arbeit schaffen.

Wie du schon richtig angesprochen hast: Wenn es um Ausbildung, um Lehrlingsausbil­dung geht – auch das ist ein Thema, mit dem wir uns nicht nur tagtäglich beschäftigen, sondern das mir auch ein Herzensanliegen ist, für alle, die es vielleicht noch nicht wis­sen –, sind die Klein- und Mittelbetriebe genau die, die Qualität schaffen, die auch für die großen Industriebetriebe ausbilden.

Gregor Hammerl hat es schon ausgeführt: So viele Lehrlinge bilden die Industriebetriebe in Österreich nicht aus. Auch im Ausschuss habe ich am Dienstag das Thema mit der Frau Präsidentin diskutiert: Die Lehrlingsausbildung, über 60 000 Plätze, passiert in den Klein- und Mittelbetrieben. Die große Industrie, die dann fordert, Gewinne zu privatisie­ren und Verluste zu sozialisieren, ist nicht die, die ausbildet, sondern die Großbetriebe ziehen aus dem Klein- und Mittelbetriebssektor Fachkräfte ab, um die Beschäftigung in ihren Unternehmen zu erhalten. Ich sage jetzt aber nicht, dass die Großbetriebe die Mög­lichkeit nicht nützen sollen.

Wir sind stolz auf diese Qualität, die wir in der Lehrlingsausbildung in Österreich ha­ben. Wir sind Europameister, Weltmeister, jährlich dürfen wir Lehrlinge zu den Bewer­ben entsenden und sie am Ende ehren, und unsere Betriebe bieten eine qualitativ gu­te Ausbildung, worum uns die halbe oder eigentlich die ganze Welt beneidet, insbeson­dere wenn man sieht, welch großartige Möglichkeiten unsere Jugendlichen nach dieser Ausbildungszeit haben. Die qualitativ hochwertige Ausbildung erfolgt vor allem im Zu­sammenspiel der öffentlichen Hand, nämlich wenn es um Schulen und Berufsschulen geht, mit den Betrieben, die vor Ort den Praxisbezug herstellen, den die Lehrlinge in der Ausbildung brauchen.

Ich wünsche mir, lieber Herr Minister, dass wir schon darauf schauen, dass unsere Klein- und Mittelbetriebe qualitativ hochwertig ausbilden, aber dass Sie auch Ihre Posi­tion nützen und den Industriebetrieben sagen, dass auch sie ihre Verantwortung wahr­nehmen müssen, indem sie entsprechend viele Lehrlingsausbildungsplätze anbieten.

Sieht man sich die Statistik an, weiß man, dass genau im großen Bereich der Industrie die Lehrlingszahlen zurückgegangen sind. Das wird auch vonseiten der Lehrlingsstel­len bestätigt werden, das ist Fakt, dass die Lehrstellen in diesem Bereich zurückgehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gregor Hammerl hat hier den Mittelstandsbericht schon sehr, sehr ausführlich besprochen, viele Dinge sind da auch sehr, sehr positiv. Das heißt aber auch – das haben wir im Ausschuss am Dienstag auch diskutiert , dass wir auch sehr, sehr genau schauen müssen, was es bedeutet, wenn wir von den berühmten Hy­bridunternehmen sprechen, nämlich von Unternehmern, die nicht vollkommen selbstän­dig, aber auch nicht in einem Angestellten- oder in einem anderen Beschäftigungsver­hältnis sind, sondern wo diese Grenzen verschwimmen.

Zur Diskussion, in der wir uns befinden: Ich glaube, es hat auch sehr, sehr starke Ver­änderungen bei den Menschen gegeben. Früher hat man gesagt, man lebt, um zu ar­beiten. Heute ist es so, dass die Menschen arbeiten, um zu leben. Das hat sich umge­kehrt. Die Grenze zwischen Selbständigkeit und Erwerbstätigkeit in einem Beschäfti-


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