BundesratStenographisches Protokoll871. Sitzung / Seite 62

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12.16.27

Bundesrätin Mag. Daniela Gruber-Pruner (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Minis­terin! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Alle Bildungsexperten und -expertinnen sind sich einig, aber auch, wie ich glaube, wir hier im Raum sind uns einig: Unser Bildungssystem braucht Veränderung und Reformen, und auch diejenigen, die im Bildungssystem arbeiten, unsere PädagogInnen und LehrerInnen, brauchen an vielen Stellen bessere Rahmenbedingungen, um mit den vielfältigen Herausforderungen zurechtzukommen.

Vor allem aber zeigen diejenigen, auf die das Bildungssystem abzielt, deutlich, dass Veränderung notwendig ist, nämlich die Kinder und Jugendlichen, die sehr viel Zeit ihres aktuellen Lebens in diesem Bildungssystem verbringen.

Ich war vor circa einem Jahr in ein Bildungsprojekt involviert, in dem wir Kinder ab dem Kindergartenalter bis Ende der Schulpflicht befragt haben, wie sie sich denn Bildung idealerweise vorstellen beziehungsweise was sie brauchen, um gut lernen zu können. Die Kinder haben uns drei zentrale Punkte genannt und mitgegeben.

Erstens wollen die Kinder über den Tag verteilt ein abwechslungsreiches Lernpro­gramm: Sie wollen beispielsweise einerseits in Dreierteams ein Thema erarbeiten, andererseits dann wieder in einer Großgruppe etwas besprechen und als Draufgabe noch mit der LehrerIn gemeinsam etwas Neues erfahren.

Zweitens wollen sie in verschiedenen räumlichen Settings arbeiten: Sie wollen sich einmal in Nischen zurückziehen können, um konzentriert etwas zu bearbeiten, dann unter dem Baum im Garten gemeinsam etwas vorbereiten, um später wieder ins Klassenzimmer zu kommen, in dem verschiedenste Lernangebote auf sie warten.

Drittens wollen sie anlassbezogen arbeiten: Sie wollen das, was in ihrer Lebenswelt gerade aktuell ist, bearbeiten. Beispielsweise wollen sie – obwohl das heute bei der Hitze vielleicht ein blödes Beispiel ist –, wenn Schnee fällt, Schnee erforschen, weil das in diesem Augenblick gerade interessant ist und man dann am besten lernen kann.

Eigentlich hat diese Bildungsreform für alle drei Bereiche die passenden Antworten gefunden. Das, was diese Bildungsreform liefert, ist am Puls der Zeit, und sie hängt nicht, wie Frau Kollegin Mühlwerth sich das vermutlich manchmal wünschen würde, einem überholten selektiven Schulsystem nach, das wir so nicht mehr vertreten können.

Was ist der Kern der Reform? – Sie bringt Freiheit und Autonomie, und das ist essen­ziell, wenn man auf die verschiedenen Bedürfnisse, die Kinder und Jugendliche haben, reagieren will. Um dem kindlichen Bedürfnis nach Abwechslung gerecht zu werden, braucht es die Möglichkeit, diese 50-Minuten-Einheiten aufzubrechen. Diese Möglich­keit liefert diese Reform nun endlich. Außerdem braucht es die Möglichkeit, Klassen zu teilen und in verschiedenen Gruppen zu kooperieren, und auch das bringt diese Re­form. Und sie lässt zu, dass Personen mit unterschiedlichen pädagogischen Kompe­tenzen zusammenarbeiten, das wird gewünscht und sogar gefördert.

Die Reform sieht aber auch vor, dass Schulen übergreifend miteinander arbeiten, weil sie dadurch insgesamt mehr Ressourcen gewinnen. Eine Schule hat einen prächtigen Turnsaal, die andere Schule hat rundherum große Grünanlagen, und die dritte Schule hat möglicherweise ein gut ausgestattetes Labor. Wenn das von mehreren Schüle­rinnen und Schülern genutzt werden kann, profitieren letztlich alle, die Ressourcen stehen nicht leer, sondern können optimal genutzt werden.

Das, was hier unter dem Namen Cluster vorgeschlagen wird und angedacht ist, wird in meinem Bundesland, in Wien, unter dem Namen Bildungsgrätzel bereits angegangen, und ich sehe, dass auf lokaler Ebene in diesem städtischen Bereich wunderbare Ver-


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