BundesratStenographisches Protokoll872. Sitzung / Seite 22

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Diesen Weg haben wir eingeschlagen, und den wird es auch in Zukunft geben. Die Hilfe, die wir, glaube ich, auch bei uns zum Ausdruck gebracht haben – wir haben eine recht gute Verteilung auf fast alle Gemeinden vorgenommen –, ist keine Einbahnstra­ße, sondern es muss auch etwas zurückgegeben werden.

Ein weiterer Punkt, dessen Behandlung uns in der nächsten Gesetzgebungsperiode be­vorstehen wird, ist die Bürokratie. Wir reden viel über Bürokratie. Wer mit der Wirt­schaft zu tun hat, wird hören: Fachkräftemangel, die Ausbildung ist entscheidend! Wer mit der Wirtschaft und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, auch BürgerInnen, viel zu tun hat, wird hören, dass die Bürokratie zu groß ist. Das stimmt auch, gerade für Kleinbetriebe. Die Last an Bürokratie, die auf deren Schultern liegt, ist oft viel, viel er­drückender als die Kosten; sie ist erdrückend. Das heißt, daran muss intensiv gearbei­tet werden, damit Wachstum überhaupt möglich ist.

Wir haben in Vorarlberg ein um ein Drittel höheres Entwicklungstempo als im Öster­reichschnitt – Vorarlberg hat den Wachstumspreis bekommen. Das heißt, an sich sind die Wachstumschancen gut, wenn es gelingt, die Bürokratie abzustauben. Ich traue mich für Vorarlberg wieder einmal in den Mund zu nehmen – in den letzten zwei Jahrzehn­ten konnten wir das nicht mehr sagen –: Wir steuern auf die Vollbeschäftigung zu. Un­sere Arbeitslosenquote fällt – mit oder ohne Flüchtlinge –, glaube ich, auf Dauer unter 5 Prozent. Nach EU-Kriterien heißt das Vollbeschäftigung. Der Österreichschnitt liegt bei über 7 Prozent.

Möglich ist da also sehr viel, wie man an unserem Beispiel auch sehen kann, aber es braucht die richtigen Schritte und die richtigen Maßnahmen dazu. Im Bereich der Bü­rokratie ist das eine nicht einfache Aufgabenstellung; ich bringe Ihnen ein paar Vor­schläge.

Ich würde raten, im Rahmen der Bundesgesetzgebung in der nächsten Legislaturperio­de dafür zu sorgen, um konkret zu bleiben, dass das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz entrümpelt wird. Schauen Sie sich wirklich einmal im täglichen Betrieb an, was es dort an Voraussetzungen geben muss! Ich weiß, dass der Arbeitnehmerschutz wichtig ist – damit ich richtig verstanden werde –, aber wir haben eine überbordende Bürokratie.

Vor Kurzem war ein Unternehmer bei mir, der mir erklärt hat, dass er ein Problem mit dem Arbeitsinspektorat hatte, weil er keinen Obstkorbkontrollor hatte. Sie wissen, wie das ist? – Da läuft jemand mit dem Obstkorb durch die Firma, und man kann frische Äpfel herausnehmen. Nun könnte es sein, dass da ein fauler Apfel darunter ist – es könnte sein. Die Frage war, wo der Kontrollor für den Obstkorb sei; wenn es keinen ge­be, dann solle man einen einstellen, oder so. – Ich weiß nicht, wer überhaupt auf eine solche Idee kommt. Ich sage, gut, lassen wir das einmal beiseite, ein schlechteres Bei­spiel gibt es ja gar nicht mehr, aber es ist schon ein Zeichen dafür, dass wir im Arbeit­nehmerInnenschutzgesetz überreguliert sind. Wir sollten dort etwas tun, ganz konkret, und nicht nur darüber reden, Bürokratie abzubauen, sondern sagen: Entrümpeln wir das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz!

Ich bringe Ihnen ein zweites Beispiel für zentrale Gesetzgebung, denn in diesen Fra­gen sind Sie als Bundesräte ja unmittelbar angesprochen: Bringen Sie mir jemanden – außer er ist ein geschulter Anwalt –, der das Vergaberecht noch versteht, und fragen Sie einmal die Verwaltungsgerichte, wie viele von den Vergaben beim Gericht landen! – Die Quote ist enorm! Fragen Sie einen Unternehmer, ob es ihm noch gelingt, das Verga­berecht einzuhalten! – Es geht eigentlich gar nicht mehr. Auch im öffentlichen Bereich ist das übrigens sehr schwierig. Sie landen ja auch immer vor Gericht, wir alle. – Ent­stauben Sie also das Vergaberecht! Schauen Sie sich das einfach einmal in der zentra­len Bundesgesetzgebung an, und versuchen Sie, dass wir dort einen Schritt setzen!

Schauen Sie sich das Mietrecht an! – Ich weiß, das ist eine zündende Bombe. (Bun­desrat Mario Lindner: Wer war da dagegen?) Wir sind immer für die Verländerung des


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite