BundesratStenographisches Protokoll873. Sitzung / Seite 74

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Man hat heute schon von all den Wahlzuckerln geredet, gerade aufseiten der ÖVP. Ich habe vorhin noch draußen vor der Tür mit dem Minister geredet: Genau bei diesem Gesetz zahlt es sich aus, dass wir es umsetzen. Unter all den Wahlzuckerln ist das das Oberzuckerl, weil es sich wirklich für alle Frauen in Österreich auszahlt. Mit diesem Gesetz wird 63 000 Menschen und deren 231 000 Familienmitgliedern geholfen, und es ist endlich Schluss mit den haushaltsbezogenen Abwertungen vor allem für Frauen. (Bundesrätin Mühlwerth: Genau!) Darauf dürfen wir stolz sein, und ich bin auch wirk­lich froh darüber, dass SPÖ und FPÖ das mittragen und wir das heute beschließen. Wenn so etwas nur in Vorwahlzeiten geht, dann ist es halt so.

Wir werden auch gerne eine geheime Abstimmung machen, wenn ihr es wollt, wenn die ÖVP-Frauen sagen, sie überlegen es sich vielleicht doch noch. Ein diesbezügliches Verlangen bringen wir natürlich nicht mehr ein – keine Angst, keine Angst! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Ich glaube einfach, dass es das wirklich wert ist, und ich bin froh darü­ber, dass das heute beschlossen wird. – Danke allen! Vielen herzlichen Dank! (Beifall bei Grünen und SPÖ sowie bei Bundesräten der FPÖ.)

12.54


Vizepräsident Mag. Ernst Gödl: Zum Schluss der Debatte darf ich wiederum Herrn Bundesminister Stöger das Wort erteilen. – Bitte.

 


12.55.03

Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Alois Stöger, diplômé|: Herr Präsident! Sehr geehrte Bundesrätinnen und Bundesräte! Man hat mich jetzt rich­tig grantig gemacht! Man spricht von neuer Gerechtigkeit. Wenn es Gerechtigkeit gibt, dann gibt es Gerechtigkeit. Und was ist das andere, das Gegenteil von Gerechtigkeit? – Das kann nur Ungerechtigkeit sein.

Wer von neuer Gerechtigkeit spricht und etwas anderes als diesen Begriff der Gerech­tigkeit meint, der sich in Europa in der Zeit der Aufklärung entwickelt hat, für den Men­schen gestorben sind, wer etwas anderes meint, als dass wir für einen Ausgleich in­nerhalb der Gesellschaft kämpfen, dafür, dass jeder Mensch die gleichen Zugänge und Autonomie hat, dem muss ich sagen: Es gibt keinen anderen Begriff der Gerechtigkeit.

Und wenn man beginnt, den Begriff der Gerechtigkeit, auf dem Europa aufgebaut ist, auszuhöhlen, dann gibt es kein Ende mehr. Die sagen dann, die Polen haben zurück­geschossen (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist aber nicht notwendig! – Bundesrat Prein­eder: Herr Präsident!), und das erinnert mich an George Orwell. Das erinnert mich an George Orwell, der von einem Wahrheitsministerium gesprochen hat. Noch einmal: Ent­weder es gibt Gerechtigkeit, dann gibt es Gerechtigkeit, oder nicht, aber es gibt keine neue Gerechtigkeit, es sei denn, man will Ungerechtigkeit als Gerechtigkeit erklären. (Beifall bei der SPÖ.)

Gerade bei der Notstandshilfe – das habe ich als Sozialminister kennengelernt – hat es immer die Frauen getroffen, und immer in einem Ausmaß, dass sie einen Nachteil hat­ten und haben, weil es um ein bestimmtes Menschenbild geht. Es macht einen Unter­schied, ob ich ein Menschenbild habe, in dem Frauen, in dem jeder Mensch autonom über sein Einkommen verfügen kann und nichts von anderen erbitten und erbetteln ge­hen muss, oder nicht. Ich sage es noch einmal dazu: Notstandshilfe kriegt man nicht, wenn man keine Beiträge gezahlt hat, und nur dann, wenn man Beiträge gezahlt hat, hat man einen Anspruch auf Notstandshilfe. Wenn man dieses Prinzip nicht mehr an­wendet, dann gibt es kein Ende, dann kann man das bei jeder Maßnahme tun, aber dann möchte ich von neuer Gerechtigkeit, die die neue Beschreibung für Ungerechtig­keit ist, nichts mehr hören.

Ich sage auch ganz deutlich, ich habe es im Nationalrat auch gesagt: Wenn es einen Wert gehabt hat, dass diese Gesetzgebungsperiode des Nationalrates früher geendet


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