BundesratStenographisches Protokoll874. Sitzung, 874. Sitzung des Bundesrates am 22. Dezember 2017 / Seite 83

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Meine Kolleginnen und Kollegen sind schon auf viele Redebeiträge eingegangen, ein Thema ist aber ein bisschen untergegangen, nämlich das Thema Bildung, und auf dieses möchte ich eingehen. Der Herr Bildungsminister, Herr Faßmann, ist heute nicht da, vielleicht können wir auch einmal mit ihm hier im Plenum über das gesamte Regie­rungsprogramm diskutieren. Die großen Schlagwörter dieser blau-schwarzen Regie-rung im Bereich Bildung sind Zwang, Selektion und Bestrafung.

Zwang, Selektion und Bestrafung, das sind die großen Schlagwörter, die ich aus die­sem schwarz-blauen Regierungsprogramm herausgelesen habe. Es geht um Vernich-tung von Chancen, um Demotivation, Ungleichheit und Entsolidarisierung und auch um mehr Verwaltungsaufwand.

Insgesamt nimmt der Bereich Bildung neun Seiten in diesem Regierungsprogramm ein. Das hört sich nach viel an, das meiste davon aber ist redundant und beschreibt nur ganz unbestimmt irgendwelche Vorhaben. Im Grunde soll das gesamte Bildungswesen auf allen Ebenen und an allen Institutionen evaluiert und umgebaut werden; auch das hört sich nicht so schlecht an, aber das Umbauen bezieht sich hauptsächlich darauf, irgendwelche Reformschritte wieder zurückzunehmen. Es entsteht nicht irgendetwas Neues, sondern man nimmt einfach Altes wieder her und macht halt Retropolitik. (Bundesrätin Mühlwerth: Manchmal ist auch etwas Altes etwas Neues!)

Auch wer die zahlreichen Evaluierungen und standardisierten Testungen, die im Pro­gramm vorkommen, machen soll, ist unklar, denn das zuständige Bildungsfor­schungs­institut, das Bifie, soll ja aufgelöst werden. Wer das Ganze machen soll, ist unklar, nichts davon steht im Regierungsprogramm, es ist auf diese Frage keine Antwort zu finden, nichts.

Wir sehen auch wieder eine Zunahme der Verwaltung: Es wird eine neue Leis­tungs­bewertung ab dem vierten Lebensjahr geben. (Vizekanzler Strache nimmt auf der Regierungsbank Platz.) – Ah, der Herr Strache, grüß Gott! Ich spreche gerade über Bildung, und die großen Schlagwörter betreffend Bildung – ich sage es Ihnen auch noch einmal – sind Zwang, Selektion und Bestrafung, wie ich dem Regierungspro­gramm entnehme, und es entsteht auch ein extremer Verwaltungsaufwand.

Es wird neue Leistungsbewertungen geben: ab dem vierten Lebensjahr durchgehend bis zum Ende der Sekundarstufe I. Es soll digitale Leistungs- und Bildungsdokumen­tationen geben, die mit dem dritten Geburtstag angelegt werden, sie sollen auch noch ärztliche Atteste aus dem Kleinkindesalter beinhalten. Ärztliche Atteste in den Leistungs- und Bildungsdokumentationen! Wir bewegen uns also geradeaus Richtung gläserner Mensch. Früher hieß es von der Wiege bis zur Bahre, jetzt ist es – nicht mehr in SPÖ-Diktion – sozusagen der gläserne Mensch.

Also ich weiß nicht, wer diesen Verwaltungsaufwand erledigen soll. Uns Grünen ist es wichtig, dass Lehrerinnen und Lehrer dort tätig sind, wofür sie ausgebildet worden sind und wofür sie gebraucht werden, nämlich bei den Kindern. Sie sollen sich nicht ständig mit Bewertungen und Evaluierungen beschäftigen, sondern vor Ort bei den Kindern sein. Ich sehe da keinen Hausverstand, Herr Strache, wenn die Lehrerinnen und Lehrer noch mehr Verwaltungsaufwand bewältigen müssen. Sie haben von Hausver­stand gesprochen – für mich ist da kein Hausverstand zu sehen.

Ich muss noch auf etwas eingehen in diesem Regierungsprogramm ist kein Wort dazu zu finden –: Im Bildungsbereich fehlen 600 Millionen Euro. Ich weiß nicht, wie Sie das Ganze finanzieren wollen, kein Wort dazu steht im Regierungsprogramm. 600 Mil­lionen Euro fehlen im Budget! Das haben wir schon bei der schwarz-roten Regierung immer kritisiert, dass es da kein Ziel gibt. Auch jetzt gibt es keinen Plan, wie das Ganze finanziert werden soll. Ein solcher Plan fehlt.

 


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