BundesratStenographisches Protokoll874. Sitzung, 874. Sitzung des Bundesrates am 22. Dezember 2017 / Seite 84

HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite

Es gibt keine Angaben, wie zusätzliche Maßnahmen – die geplanten Testungen, Deutschklassen, das ergebnisorientierte Besoldungsrecht für Lehrkräfte, Förderklassen nach der Pflichtschulzeit, die Begabtenschule – bei 600 Millionen Euro Defizit über­haupt finanziert werden sollen, ich verstehe es nicht. Auch die Mittelzuteilung an den Schulen fehlt. Es ist komplett offen, wie das passieren soll.

Nach wie vor fehlt ein Chancenindex, der nach ganz klaren Kriterien die Budgetmittel auf die Schulen verteilen soll. Diejenigen, die sie benötigen, brauchen mehr Geld, das ist eigentlich nicht so schwer zu verstehen. Auch die individuelle Förderung, Zeit für Entwicklung, Freude am Lernen, gegenseitiges Vertrauen zwischen Schülern und Lehrkräften, das wird mit diesem Regierungsprogramm systematisch auf der Strecke bleiben. Dafür herrschen Druck und Angst vor Sanktionen, letztlich nicht nur schulisch, sondern auch familiär, nämlich in finanzieller Hinsicht.

Vorweg möchte ich gleich einmal sagen: Ich bin auch der Meinung und es ist mir wichtig, dass man jungen Menschen die regionalen Kulturen, ein Demokratiever­ständ­nis, die Gleichberechtigung von Mann und Frau näherbringt, das ist überhaupt keine Frage für mich. Ich halte das für ganz, ganz wichtig. Das sollen junge Menschen lernen, das soll ihnen auch in der Schule beigebracht werden.

In diesem Regierungsprogramm wird immer wieder die Einhaltung unserer Werte eingefordert. Komplett offen bleibt aber, welche Werte überhaupt gemeint sind. Ich finde sie nicht. Wer, bitte, definiert diese Werte? Die FPÖ? – Ich weiß es nicht, ich finde nichts darüber. Und wer kontrolliert überhaupt die Einhaltung dieser Werte, die immer wieder eingefordert wird? – Das ist alles schwammig, alles bürokratisch, es wird mehr Bürokratieaufwand geben.

Dieses Bildungsprogramm von Schwarz und Blau ist voll mit Standards, Prüfungen, Noten, Kontrollen und Sanktionen, es bleibt in diesem Programm kein Platz für Unter­richt und Bildung. Monika, du hast das oft genug kritisiert. (Bundesrätin Mühlwerth: Das macht’s ja aus!) Du hast das immer wieder kritisiert und hast gefordert, dass die LehrerInnen bei den Schülern sein müssen. Jetzt auf einmal bist du ruhig. (Bundesrätin Mühlwerth: Ist ja nicht wahr!)

Dieses Bildungssystem wird zu einer gigantischen Sortieranlage, statt ein Treibhaus für Talente und ein sicherer Raum für die Entwicklung jedes einzelnen Menschen zu sein. Das Programm ist schulischer Klassenkampf von oben, nichts anderes.

Das Ganze hört aber nicht bei der Schule auf, es geht noch viel weiter, bis zu den Unis: Studiengebühren, Streichung des allgemeinpolitischen Mandats der ÖH – das freut natürlich Kollegen Raml, das hat er ja schon dazumal gefordert. (Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

Das Programm dieser Regierung ist nur für die Reichen und die Wohlhabenden in diesem Land. Aber nicht nur SchülerInnen und StudentInnen sind die Opfer, sondern auch die Lehrlinge. Frau Kollegin Anderl – ich habe sie jetzt nicht im Blick – hat es auch schon erwähnt: Nicht die Stärkung der Gewerkschaften steht in diesem Regie­rungs­programm. Sie, Herr Strache, haben sogar noch herausgestrichen, wie wichtig die Lehre ist. Was steht aber im Regierungsprogramm, was tun wir? – Wir streichen den jungen Menschen in der Lehre, den Lehrlingen, den Jugendvertrauensrat.

Der Jugendvertrauensrat setzt sich in den Betrieben für die Interessen der jungen Menschen ein. Der kommt weg, das steht ganz klar im Regierungsprogramm: Weg mit den Vertretern der jungen Lehrlinge! – Unglaublich, wirklich unglaublich! (Bundesrat Tiefnig: Hast du überhaupt etwas gelernt?) – Ich habe schon etwas gelernt, keine Angst, ich habe zehn Jahre gearbeitet, bevor ich als Quereinsteiger in die Politik ge­gan­gen bin. Hat Sebastian Kurz schon etwas gelernt? – Ich weiß es nicht. (Zustim-


HomeGesamtes ProtokollVorherige SeiteNächste Seite