BundesratStenographisches Protokoll874. Sitzung, 874. Sitzung des Bundesrates am 22. Dezember 2017 / Seite 91

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gesetze hingegen Sache der Länder sind, zugunsten eines anderen Prinzips verlas­sen. So soll die Frage der Mindestsicherung entsprechend gegenüber den Ländern durchgesetzt werden.

Oder wenn ich daran denke, dass das Bundesdenkmalamt neu aufgestellt werden soll: Heißt das jetzt Verländerung, heißt das Zentralisierung dieser Agenden? Oder wenn wir an die Übersiedlung des Umweltbundesamtes nach Klosterneuburg denken: Soll das Verländerung sein, oder was soll eine solche Maßnahme in dem Sinn darstellen?

In vielen Bereichen ist das Regierungsprogramm also noch sehr widersprüchlich und erschöpft sich in vielen Überschriften. Die Dinge, die im Finanzausgleich schon paktiert sind, die eben in diese Richtung gehen, sollen weiter ausgebaut werden. Man muss aber sagen, dass sie nicht so funktionieren, dass das nicht auch eine Drohung sein könnte.

Nehmen wir zum Beispiel die Kleinkindbetreuung, die Elementarpädagogik: Die Ver­ord­nungen sind sehr spät gekommen, das wurde dann mit 15a-Vereinbarungen auf ein Jahr verlängert. Für die Gemeinden ist es eine wirklich unerträgliche Situation, nicht planen zu können, nicht zu wissen, wie es nächstes oder übernächstes Jahr weiter­gehen soll. Das kann es also wirklich nicht sein. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist aber auch unter Schwarz-Rot gemacht worden!) Was nicht gelungen ist, ist, da organisa­torisch auf klare Richtlinien zu setzen.

Oder zum Beispiel Pflegeregress: Das Geld, das doch in die Länder hätte fließen müs­sen, das meiner Meinung nach auch bei den Gemeinden ankommen müsste, ist ausgeblieben. Dieser ganze Bereich der Pflege, ihre Finanzierung, ihre Organisation, wurde also weggelassen. Ich glaube, dass da in Zukunft, in den nächsten Jahren, massiver Handlungsbedarf besteht.

Noch kurz zur Reform der Arbeitslosenunterstützung: Die Notstandshilfe soll integriert werden. Was heißt das unter Umständen für die Gemeinden und vor allem für die Länder? Da geht es ja um nicht unwesentliche Zahlen. Die Notstandshilfe ist ja bis jetzt als Versicherungsleistung unter Umständen bis zur Pension gewährt worden. Wenn die Menschen nun nach einem Jahr in die Mindestsicherung fallen, werden die Finan­zierung und so weiter bei den Ländern hängen bleiben. Das ist also eine massive Umstellung, eine massive Veränderung der Finanzierung und auch des gesamten Sozial­wesens.

Das betrifft ja nicht wenige Menschen; im Jahr beantragen 350 000 Personen Not­standshilfe. Mit Verwandtschaft, also mit Angehörigen, sind 420 000 Menschen betrof­fen. Die sind jetzt von der Aussicht bedroht, gleich in der Mindestsicherung zu landen, wobei sie ihre Eigentumswohnung hergeben müssen, ihr Auto hergeben müssen, ihr ganzes Vermögen hergeben müssen, bevor es ihnen möglich ist, Mindestsicherung zu beziehen. Zusätzlich stellt sich für die Länder die Frage: Wie soll das finanziert wer­den?

Ich halte das wirklich für eine massive Bedrohung, damit wird eigentlich durch die Hintertür eine Hartz-IV-ähnliche Lösung eingeführt. Ich glaube, da besteht noch viel Diskussions- und Handlungsbedarf, um bessere Lösungen zu finden als Hartz IV in Deutschland. Diese Lösung hat in Deutschland tatsächlich zu massiver Verarmung ganzer Stadtviertel geführt; der Niedriglohnbereich macht ein Viertel aus. (Bundesrätin Mühlwerth: Das ist unter Rot-Grün beschlossen worden! Das sag’ ich nur! Rot-Grün war das!) – Ich stehe nicht in Sippenhaftung mit den deutschen Grünen. (Bundesrätin Mühlwerth: Ich sag’s nur, damit es nicht vergessen wird!) Der Niedriglohnbereich macht schon ein Viertel aus, bei uns sind es derzeit nur 14,8 Prozent. (Weiterer Zwischenruf der Bundesrätin Mühlwerth.)

 


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