BundesratStenographisches Protokoll875. Sitzung, 875. Sitzung des Bundesrates am 8. Februar 2018 / Seite 25

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Wenn wir über Frauenpolitik sprechen, dann geht es – das haben einige Rednerinnen schon angesprochen – natürlich nicht nur um das Thema Gewalt gegen Frauen, son­dern um eine ganz breite Palette an Themen. Es geht auch um die Frage der Sicher­heit und um das Thema Gewalt gegen Frauen, da wir wissen, dass insbesondere Frauen öfter Opfer sind als Männer. Rund 50 000 Frauen wurden im letzten Jahr Opfer von Gewaltverbrechen in Österreich, und von den 6 000 Opfern von Sexualdelikten in Österreich waren rund 80 Prozent Frauen.

Wenn wir uns die Gesetzeslage in Österreich anschauen, dann besteht aus meiner Sicht schon eine gewisse Schieflage zwischen der Strafe bei Vermögensdelikten auf der einen und Gewaltverbrechen auf der anderen Seite. Es kommen immer wieder Urteile wie die folgenden vor: Ein Mann in Tirol erhält zum Beispiel vier Jahre Gefäng­nisstrafe für den Diebstahl eines Autos und gleichzeitig – das ist vor Weihnachten bekannt geworden – muss ein Salzburger, der vier Kinder missbraucht hat – und das als Kindergärtner! –, dafür nicht einmal ins Gefängnis.

Sehr geehrte Damen und Herren, verstehen Sie mich bitte nicht falsch, es ist über­haupt kein Vorwurf an die Richterschaft, wenn ich diese Fälle zitiere, denn die Richter haben die Aufgabe, Recht zu sprechen, aber die Basis dafür ist natürlich die geltende Gesetzeslage, und da möchte ich Sie in diesem Gremium um ein bisschen mehr Selbst­bewusstsein bitten. Die Aufgabe von Experten ist es, ihre Stellungnahme abzu­geben, die Aufgabe der Richterschaft ist es, Recht zu sprechen; aber die Gesetze, sehr geehrte Damen und Herren, werden schon noch hier gemacht, vom Nationalrat und vom Bundesrat. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es ist Ihre Aufgabe, sich gemeinsam mit uns, der Bundesregierung, die Fragen zu stellen, was gerecht ist, was wir für gerecht empfinden, welche Regeln wir in unserem Land haben wollen und wo eventuell Nachschärfungsbedarf besteht. Ich lade Sie ein, das mit uns gemeinsam ohne allzu viel Emotion zu machen, denn die ist da, so glaube ich, nicht angebracht.

Wir haben Staatssekretärin Edtstadler, die Richterin, Mitarbeiterin im Justizministerium war, und viel Erfahrung in diesem Bereich hat. Es ist nicht das Innenministerium zu­stän­dig, da sind wir uns doch alle einig, aber es ist doch möglich, in einer Bundes­regierung eine politische Taskforce gemeinsam mit dem Innen- und dem Justizminister einzurichten, die von einer aktiven Staatssekretärin geleitet wird, um einerseits Schnitt­stellenproblematiken abzubauen und sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit zwi­schen Polizei und Justiz besser funktioniert, aber auch, um Ideen zu generieren, wo wir im Strafrecht nachschärfen können, um mehr Gerechtigkeit sicherzustellen, um eine mangelnde Balance, die es vielleicht teilweise zwischen Vermögensdelikten und Ge­walt­verbrechen gibt, hintanzustellen, und vor allem auch, um sicherzustellen, dass die­jenigen, die sich in diesem höchst sensiblen Bereich etwas zuschulden kommen las­sen, auch wirklich bestraft werden – und das in einem ordentlichen Ausmaß. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

Es ist vorhin im Zuge eines Redebeitrags gesagt worden, dass es diese Diskussion, wer schuld gewesen sein soll, warum es nicht funktioniert hat, ja auch in der vorigen Bundesregierung schon gab. Ich bin froh, in einer Bundesregierung arbeiten zu dürfen, in der diese Schuldzuweisungen nicht mehr stattfinden, in der zusammengearbeitet und gemeinsam versucht wird, etwas umzusetzen. Ich darf die Einladung aussprechen, die Zusammenarbeit auch auf die Opposition auszuweiten. Wir haben ein Interesse daran, mit Ihnen in der Opposition gut zusammenzuarbeiten und auch in diesem Be­reich den Diskurs zu suchen. Ich glaube, dass es vollkommen legitim ist, in diesen Fragen unterschiedliche Meinungen zu haben, aber bitte geben Sie dem ganzen Projekt eine Chance, warten Sie da und dort vielleicht einmal die konkreten Vorschläge ab, bevor Sie diese verteufeln.

 


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