BundesratStenographisches Protokoll875. Sitzung, 875. Sitzung des Bundesrates am 8. Februar 2018 / Seite 69

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die als Strafe in einer 6 Quadratmeter großen Hütte bis zu 72 Stunden eingesperrt worden sind. Das ist etwas, was aktuell in Österreich passiert!

Es ist sehr gut, dass so etwas aufgedeckt wird, aber dieses Problem wird sich nicht nur mit Aufdecken der Fälle alleine lösen lassen. Was wir brauchen – das zeigt auch der Bericht der Volksanwaltschaft ganz klar auf –, ist eine gute personelle Ausstattung der Einrichtungen mit gut ausgebildetem und eingeschultem Personal, das auch motiviert ist und motiviert bleibt. Genau für Kinder und Jugendliche sind gerade bei Fremd­unterbringung Vertrauenspersonen ganz essenziell. Hier soll es zu möglichst wenig Personalfluktuation kommen, aktuell ist leider das Gegenteil der Fall.

Auch bei den Ausbildungsstandards gibt es massive Unterschiede in den Bundeslän­dern. Ich kann mich nur den Forderungen der Volksanwaltschaft anschließen: Es braucht Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen mit Berufsschutz und bundesein­heitliche Ausbildungsrichtlinien. In Oberösterreich sind wir zum Beispiel schon mehr oder weniger einen Schritt weiter, der oberösterreichische Sozialfachbetreuer in der Jugendwohlfahrt wird aber nur in Oberösterreich und nicht außerhalb der Landes­grenzen anerkannt. Es zeigt sich also in diesen Bereichen wieder der typische öster­reichische Föderalismus. Die Forderung seitens der Grünen ist ein einheitlicher Aus­bildungsstandard für ganz Österreich mit Betreuungsschlüssel in den Betreuungsein­richtungen. Nicht nur dort, sondern auch in den Altersheimen wären Betreuungsschlüs­sel ganz gut – auch das ist immer wieder ein Anliegen meinerseits.

Ein Punkt, der mir sehr wichtig ist und der auch schon von Kollegin Daniela Gruber-Pruner angesprochen worden ist, ist die Weiterführung der Jugendlichen nach Erreichung der Volljährigkeit. Die sogenannten Care Leaver sind mir persönlich ein ganz, ganz großes Anliegen. Im Schnitt ziehen die jungen Erwachsenen in Österreich ungefähr mit 24 Jahren von zu Hause aus – die Tendenz ist steigend, die Leute sind also immer älter, wenn sie ausziehen –, meistens natürlich noch mit Unterstützung, egal ob in finan­zieller Hinsicht oder einfach nur bei Behördengängen, beim Ausverhandeln irgendwelcher Mietverträge oder bei der Wohnungssuche und so weiter, und so fort.

Wenn man außerhalb des eigenen Familienverbandes aufwächst, in Wohnge­mein­schaften oder in Pflegefamilien, ist es nicht so, da steht man mit 18 Jahren auf eigenen Füßen. Genau das sind die sogenannten Care Leaver. Diese Jugendlichen haben es wirklich schwer, auf eigenen Füßen zu stehen, weil sie oftmals nicht das Familienum­feld, das soziale Umfeld erlebt haben, wie viele von uns hier herinnen es sehr wahrscheinlich erlebt haben. Diese Jugendlichen, die aus einer Fremdunterbringung ausziehen müssen, tragen ein wesentlich erhöhtes Risiko, an den Hürden des Erwach­senwerdens zu scheitern. Es wurde sehr wohl mit dem § 29 des Bundesgesetzes – ich glaube, das war 2013 – erstmals die Möglichkeit geschaffen, junge Menschen, junge Erwachsene bis zum 21. Lebensjahr im Bedarfsfall zu unterstützen, es ist aber leider in jedem Bundesland unterschiedlich geregelt: Föderalismus.

Der Bericht zeigt auch klar auf, dass diese gewählte Regelung nicht ausreichend war. Es fehlt der Rechtsanspruch, es können nur Jugendliche Unterstützung bekommen, die davor in einer Fremdunterbringung waren. Es kocht jedes Bundesland wieder sein eigenes Süppchen, es gibt keine einheitliche Grundlage zur Festlegung des Bedarfs an Hilfen und Unterstützung, keine einheitliche Praxis und so weiter, und so weiter. Jeder kann sich gerne selbst ein Bild machen, im Bericht der Volksanwaltschaft auf Seite 33 wird das ganz gut und ausführlich beschrieben.

Deswegen bringen wir heute wieder einmal einen Antrag zu diesem Thema ein:

 


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