9.06.06

Bundesrat Edgar Mayer (ÖVP, Vorarlberg)|: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr ge­ehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Einleitend möchte ich festhalten und betonen, dass sich diese Bundesregierung klar zu einer proeuropäischen Haltung deklariert hat und das nicht nur bei verschiedenen Staatsbesuchen in Europa zum The­ma macht, sondern es ist auch im Regierungsprogramm ein klar definierter Passus da­zu zu finden. Wir wollen die Zukunft unseres Kontinents, unseres Europas aktiv und zuverlässig mitgestalten, und das muss man in aller Form unterstreichen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz hat in einer Pressekonferenz mit Außenministerin Karin Kneissl und EU-Minister Gernot Blümel drei Prioritäten, drei Schwerpunkte für den EU-Ratsvorsitz vorgestellt: Neben dem Brexit und dem EU-Budget steht der Kampf gegen illegale Migration und für mehr Sicherheit in Europa an erster Stelle.

Der Europasprecher des Nationalrates Reinhold Lopatka und ich haben bei der Cosac-Sitzung in Sofia auch darauf hingewiesen, wie wichtig dieses Thema für Europa und für die Nationalstaaten ist. Wir haben auch eine Einladung für den 20. September nach Salzburg ausgesprochen, wo es bei einem Gipfel der Staats- und Regierungschefs ins­besondere auch um dieses Thema gehen wird. Es liegt auf der Hand, dass wir Migra­tions- und Sicherheitsfragen ins Zentrum unserer Präsidentschaft rücken werden, denn das erwarten sich Europa und natürlich auch die österreichische Bevölkerung zu Recht von uns.

Ein weiterer Schwerpunkt ist der Wohlstand in Europa. Dabei geht es aber nicht nur um die Weiterentwicklung des digitalen Binnenmarkts, sondern auch um Steuergerech­tigkeit und dabei auch um die Erfassung von Internetgiganten wie zum Beispiel Google oder Facebook. So wie auch schon der Finanzminister betont hat, geht es dabei auch um die Errichtung einer digitalen Betriebsstätte, um diese multinationalen Werbeträger zu einer Steuerpflicht – sagen wir es so – zu zwingen.

Neben den oben erwähnten Sicherheitsaspekten sollen auch unsere nachbarschaftli­chen Beziehungen und damit verbunden ein Heranführen der Westbalkanstaaten an die EU eine weitere Priorität darstellen. Bundeskanzler Kurz hat dazu gesagt – Zitat –:

Wir wollen „‚Brücken bauen‘ und ein ‚neutraler Makler‘ sein [...]. ‚Wir werden alles dafür tun, um eine Spaltung der EU zu vermeiden.‘ Über all dem müsse ein subsidiäres Eu­ropa stehen, das in den großen Fragen zusammenarbeite und kleinere Fragen den Na­tionalstaaten überlasse.“

Das kann ich auch als Vorsitzender des EU-Ausschusses sehr gut nachvollziehen und unterstützen, ist doch der Bundesrat seit Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon im Dezember 2009 sehr bemüht, sich immer wieder konstruktiv kritisch in den Gesetzge­bungsprozess der EU einzubringen. Wir sind auch eine der führenden Kammern, was Subsidiaritätsprüfungen anlangt, und liegen da immer im europäischen Spitzenfeld. Der Ausschuss der Regionen hat auch vollkommen zu Recht den Austausch des Bun­desrates mit den Ländern betreffend Subsidiaritätsprüfungen als Best-Practice-Beispiel in seinen Büchern niedergeschrieben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beginnen im Juli 2018 unsere dritte EU-Ratspräsi­dentschaft nach 1998 und 2006. Wir haben schon einige Erfahrung, ein großes Know-how, um das uns viele beneiden, und das werden wir auch entsprechend nützen.

Seit einigen Jahren ist es üblich, dass es eine sogenannte Triopräsidentschaft gibt. Wir sind zusammen mit Estland und Bulgarien in einer Triopräsidentschaft. Wir haben mit diesen beiden Partnern schon einiges gemeinsam auf den Weg gebracht. Gerade die Esten haben gezeigt, dass das kleine Estland Vorreiter für ganz Europa und natürlich auch Vorreiter in der Welt sein kann, zum Beispiel was Digitalisierung anlangt.

Ich habe mich bei einer Cosac-Tagung und auch bei einem Besuch auf Einladung des estnischen Nationalratspräsidenten Eiki Nestor auch persönlich davon überzeugen können, wie weit fortgeschritten die Digitalisierung in Estland ist. Das ist sicher ein Bei­spiel, das man immer wieder erwähnen kann, das ist auch für Österreich beispielge­bend.

Wenn man die Vorbereitung der EU-Ratspräsidentschaft zum Thema hat, kommt man natürlich auch am Brexit nicht vorbei. Es wird auch für Österreich eine der ganz großen Herausforderungen sein, den Brexit sozusagen zu Ende zu führen und mit den Briten auch eine Zukunft als Nachbarn, und das insbesondere auch im wirtschaftlichen Be­reich, zu definieren. Wir wissen alle, die Unwägbarkeiten sind groß, sehr groß. Der Brexit-Beauftragte Barnier hat damit auch seine großen Mühen.

Das ist für Österreich essenziell. Unsere Präsidentschaft ist auch direkt damit verbun­den, beim EU-Budget, beim Finanzrahmen mitzuarbeiten. Es geht ums Geld, und man muss auch sorgsam mit dem Geld umgehen. Das ist auch seit längerer Zeit eine For­derung Österreichs.

Österreich ist mit der Meinung nicht alleine, dass es wegen des Brexits keine höheren EU-Beiträge geben soll. Wenn die EU sich verkleinert, ist es auch angebracht, darüber nachzudenken, dass das Budget dadurch nicht gleichzeitig größer werden kann. Logik könnte auch ein Parameter in den Überlegungen der EU-Kommission sein.

Es kann durchaus eine Kernaufgabe der Kommission sein, Einsparungspotenziale an­zudenken und sich eben im Sinne der Subsidiarität in weniger wichtigen Dingen zu­rückzunehmen. Ich setze auch große Hoffnungen in die Taskforce, die im Jänner ins­talliert wurde, bei der unser Nationalratsabgeordneter Reinhold Lopatka Österreich ver­tritt. Es ist eine große Ehre, dass wir da mitarbeiten können und uns in dieser Task­force auch betreffend den Gedanken der Subsidiarität entsprechend einbringen kön­nen.

Wie gesagt: Wir sind ja nicht alleine, was die Vorgaben der Nettozahler betrifft; wir sind in guter Gesellschaft mit Staaten wie Dänemark, den Niederlanden, Finnland und Schwe­den, die sich gemeinsam auch gegen eine automatische Erhöhung der EU-Beiträge gestellt haben. Deutschland kann ja gut argumentieren, mit den Budgetüberschüssen, die sie derzeit haben, ist es relativ leicht, ein paar Milliarden mehr nach Brüssel zu schicken. Wir müssen da aber erst hin, sehr verehrte Damen und Herren.

Österreich muss da zuerst hin. Diese Bundesregierung ist auch angetreten, die Staats­verschuldung in den Griff zu bekommen, das Budget zu konsolidieren, die Steuern zu senken und als nächsten Schritt ein Nulldefizit zu erreichen. Da wollen wir hin. So sieht verantwortungsvolle und zukunftsorientierte Politik aus, liebe Kolleginnen und Kolle­gen. Wenn wir es unserer Bevölkerung zumuten, zu sparen, dann sollte das auch für die EU-Kommission in hohem Maße ein Zukunftsthema sein.

Abschließend, meine sehr verehrten Damen und Herren: Ich bin mir sicher, dass nicht nur diese Bundesregierung, so wie sie es angekündigt hat und wie sie es auch im Re­gierungsprogramm festgeschrieben hat, während der EU-Präsidentschaft aufzeigen und ein starkes Signal in Richtung Europa senden wird, sondern dass auch das Euro­päische Parlament das tun wird. Das österreichische Parlament wird dazu aufgerufen sein, zusammenzuarbeiten, und wir als Bundesrat werden uns sehr bemühen, in die­sem Sinne auch unseren Beitrag als Vertreter der Länder zu leisten.

Österreich ist bereit. Wir freuen uns auf die EU-Ratspräsidentschaft 2018! – Ich danke schön. (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)

9.14

Präsident Reinhard Todt: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. Mi­chael Lindner. Ich erteile dieses.