Das hat viele Ursachen: Es gibt Gruppenbildungen in der EU, die den Blick auf das Eigene richten, das Gemeinsame aber aus den Augen verlieren. Es gibt bürokratische Verengungen, die den Geist einschränken, es gibt Mangel an Solidarität mit den anderen EU-Ländern.
Meine Damen und Herren, die Migration spielt dabei eine ganz, ganz wichtige Rolle, das wurde heute schon vom Herrn Minister erwähnt. Das ist der Keil, der zwischen einzelne EU-Länder getrieben wird. Gerade deswegen ist es von Bedeutung, dass unser Bundeskanzler Sebastian Kurz die Fragen zu Asyl und Einwanderung in der Zeit des EU-Ratsvorsitzes thematisieren will und muss.
Zugleich gilt es aber auch, die Subsidiarität in der EU zu überdenken und in neue Strukturen zu gießen. Im Namen der Subsidiarität muss dem europäischen Zentralismus das Europa der Regionen gegenübergestellt werden. In diese Richtung, meine Damen und Herren, gilt es, neue Akzente zu setzen, wie auch der vorliegende Bericht sehr deutlich zeigt.
Der folgende Punkt spielt nicht nur in Bezug auf die Diskussionen über einen neuen Finanzrahmen der EU nach dem Brexit eine Rolle: Es ist wichtig, dem Prinzip der Sparsamkeit zu folgen. Dies ist die österreichische Position und sie ist auch im Arbeitsprogramm enthalten. Dabei steht Sparsamkeit nicht als Wert für sich, sondern sie soll ein Anstoß dafür sein, darüber nachzudenken, welche Funktionen von den Zentralstellen wahrgenommen werden und wahrgenommen werden müssen, und welche Funktionen den einzelnen Staaten zur Erfüllung zurückgegeben werden sollen.
Meine Damen und Herren, es trifft sich meines Erachtens gut, dass gerade dem EU-Ratsvorsitz Österreichs die erste Expertise der Taskforce für Subsidiarität vorgelegt wird – das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Diese Taskforce wurde von Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker letzten November unter dem Motto: Weniger, aber effizienteres Handeln, ins Leben gerufen, um Reformen zu erarbeiten. In der Anwendung von Subsidiarität und des Prinzips der Verhältnismäßigkeit können wesentliche Schritte zu einer EU, die verstärkt auf die Menschen zugeht, liegen.
Gerade angesichts der Beitrittsperspektiven, die den Westbalkanländern eröffnet werden sollten, stellt sich die herausfordernde Frage nach der Zukunft der EU. Diese kann nicht nur in einer Erweiterung, sondern muss in einer entsprechenden Vertiefung liegen. Dabei darf Vertiefung nicht ein Mehr an zentralstaatlichen Einrichtungen bedeuten, sondern eine Stärkung der regionalen Kräfte. Diese Stärkung darf aber nicht in Eigenbrötelei, eine Haltung im Sinne von: Wir pfeifen auf Brüssel!, münden, sondern es bedarf einer neuen Zusammenarbeit zwischen den zentraleuropäischen Ländern, den Einrichtungen, den Regionen und den Staaten.
Eine solche Ausrichtung ist auch in Bezug auf institutionelle Fragen, die im zweiten Halbjahr 2018 auf uns zukommen werden, wichtig, etwa wenn es um die Frage der Sitzverteilung – das wurde heute angesprochen – im Europäischen Parlament in der Funktionsperiode bis 2024 geht. Der vorliegende Bericht spricht sich für eine Einsparung durch freiwerdende Sitze und damit für eine Verkleinerung des Europäischen Parlaments aus. Ich kann diesem Vorhaben nur zustimmen – danke, Herr Minister!
Würde das Missverhältnis bezüglich der Sitze im Europäischen Parlament in einer bestimmten Form korrigiert, so könnte Österreich ein zusätzlicher Sitz zugesprochen werden, was für Österreich 19 Sitze bei der EU-Parlamentswahl 2019 bedeuten würde.
Meine Damen und Herren! Jedenfalls geht es um die Frage, wie Demokratie vertieft wird, sei es mit einem neuen Transparenzregister für Lobbyisten, auf das man sich unter dem bulgarischen EU-Ratsvorsitz einigen könnte und das im zweiten Halbjahr zur Anwendung kommen könnte, sei es mit dem sogenannten Demokratiepaket der EU,
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