BundesratStenographisches Protokoll878. Sitzung, 878. Sitzung des Bundesrates am 5. April 2018 / Seite 154

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Von unserer Seite wird es heute zu diesem Gesetz keine Zustimmung geben. – Danke schön.

18.36


Präsident Reinhard Todt: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Sonja Zwazl. Ich erteile es ihr.


18.36.38

Bundesrätin Sonja Zwazl (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! David, du hast vollkommen recht, als Unternehmerin bin ich überhaupt immer dagegen, wenn wir mehr Bürokratieaufwand haben oder wenn wir ganz einfach Umstellungen machen müssen. Trotzdem sage ich dir, es ist schon ein sehr großer Vorteil des vorliegenden Gesetzes, dass der Arbeits­losenversicherungsbeitrag gesenkt wird, weil das gerade für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einen Vorteil bringt, und gerade für die, die wenig verdienen. Deshalb machen wir es, zwar nicht ganz gern, aber wir machen es, und wir finden es sehr sinnvoll, weil es für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine Entlastung bringt.

Ich möchte aber die Gelegenheit nutzen und in der Debatte zu diesem Gesetz auf die aktuelle Diskussion zum Arbeitsmarktservice eingehen. Ich denke, es war keineswegs eine grundsätzliche Kritik unserer Regierungsspitze am AMS, wir dürfen aber nicht die Augen vor den Entwicklungen, denen wir gegenüberstehen, verschließen. Und in den meisten Fällen liegt es am Gesetzgeber, dem AMS den richtigen Gestaltungsspielraum zu geben. Ich denke da an die von Ihnen aufgeworfene Frage, Frau Bundesminister, ob das AMS wirklich die richtige Einrichtung ist, um generell Integrationsarbeit zu leisten. Aus meiner Sicht ist das AMS für die Integration in den Arbeitsmarkt zuständig, aber sicher nicht für die generelle Integration in unsere Gesellschaft.

Da denke ich zum Beispiel an unser Bildungssystem. Überall, wo wir bei der Bildung ansetzen, sichern wir Arbeit. Mir hat unser junger designierter Geschäftsführer des AMS Niederösterreich ein sehr prägnantes Beispiel gesagt. Er hat gesagt, einem 20-Jährigen, der maximal einen Pflichtschulabschluss hat, kann man sozusagen eine durch­schnittliche Arbeitslosigkeit von zwölf Jahren in seinem Erwerbsleben voraus­sagen, das kostet uns 147 000 Euro. Eine solide Ausbildung hingegen spart durch­schnittlich acht Jahre Arbeitslosigkeit und fast 90 000 Euro Leistungsbezug.

Bei uns in Niederösterreich wird die überregionale Vermittlung ausgebaut, um den Fach­kräftemangel dort zu decken, wo er ganz einfach anfällt. In der aktuellen Konjunk­tursituation ist der Fachkräftemangel nämlich das größte Wachstumshindernis für unsere Wirtschaft. Für uns in der Wirtschaft, aber auch für die Bevölkerung wird es im­mer unverständlicher, dass wir in vielen Regionen gut bezahlte freie Stellen haben, die nicht besetzt werden können. Ich nenne euch eine beeindruckende Zahl aus Nieder­österreich: Die Arbeitskräftenachfrage stieg in Niederösterreich in den letzten Jahren überproportional stark an. Im Vergleich zu 2014 stieg die Anzahl offener Stellen in Niederösterreich um knapp 22 000, das sind 38,3 Prozent.

Wir haben aber in anderen Regionen gleichzeitig eine nach wie vor hohe Arbeits­losigkeit. Es gilt schon, das Angebot und die Nachfrage besser zusammenzuführen, da muss man halt notfalls auch ein bisschen Druck machen. Wenn ich mir die moderne Angebotspalette des AMS ansehe, so muss ich sagen, es liegt sicher nicht an den För­derinstrumenten, wir haben unzählige Angebote zur Beschäftigungsförderung, wich­tige Maßnahmen für das Krisenmanagement und hervorragende Qualifizierungs­angebote. Ich spreche hier natürlich nur für mein Bundesland. Bei uns wird rasch auf die Bedürf­nisse der Wirtschaft eingegangen.

 


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