BundesratStenographisches Protokoll881. Sitzung, 881. Sitzung des Bundesrates am 28. Juni 2018 / Seite 41

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sen Diskurs gibt. Man hätte sich da manche Diskussionen, die jetzt auf der Straße geführt werden, ersparen können. Es ist gerade auch im parlamentarischen Diskus­sions­prozess wichtig, dass wir definieren, was die Herausforderungen sind und wie wir diese gemeinsam bewältigen können, und das sehe ich auch bei diesem Thema doch weitgehend eingeschränkt. Mehr Diskussion im parlamentarischen Raum wäre sicherlich sinnvoll gewesen. (Beifall bei der SPÖ, bei BundesrätInnen von ÖVP und FPÖ sowie der BundesrätInnen Dziedzic und Stögmüller.)

Wir haben in diesem Zusammenhang, wie ich meine, auch als Städte, Gemeinden und Länder durchaus Fragen, die zu klären sind. Wenn es eine ausgedehntere Arbeitszeit gibt – und da lasse ich jetzt einmal außer Acht, ob das jetzt freiwillig oder unfreiwillig erbracht wird –, gibt es natürlich auch für uns im Rahmen des Föderalismus schon weiterführende Fragen, zum Beispiel jene der Kinderbetreuung, die natürlich sehr stark in unserem Kompetenzbereich liegt. Und es stellt sich die Frage: Wie wird sich das auf berufstätige Menschen, vor allem Frauen, auswirken. Ich sage damit nicht, dass Kindererziehung automatisch Frauensache ist. Es ist aber in der Praxis immer noch so, dass Frauen in einem viel stärkeren Ausmaß bei der Kindererziehung mitwirken, dadurch aber eine geringere Möglichkeit haben, im Berufsleben darauf zu achten, dass sie einmal eine Pension in einer Höhe haben, von der sie allein werden leben können. Das sind Themen, die oft wie Zahnräder ineinandergreifen: Wenn man eine Maßnah­me trifft, muss man beachten, was man damit in anderen politischen Feldern auslöst, die man auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so sehr damit in Verbindung bringt.

Ich habe mir jetzt zum Beispiel die Kindertagesheimstatistik der Statistik Austria ange­schaut: Von den 9 267 Kinderbetreuungseinrichtungen haben österreichweit nur 993 mehr als zwölf Stunden geöffnet. Das ist natürlich schon eine sehr starke Einschrän­kung für jene, die jetzt schon Schwierigkeiten haben, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Es muss uns bewusst sein, dass das durch Regelungen, die die Arbeitszeit flexibler gestalten, schwieriger werden wird, und das ist schon eine Herausforderung für die Bundesländer, Städte und Gemeinden. Von daher macht es Sinn, dass wir uns in diese Diskussion einmischen und auf diese Auswirkungen aufmerksam machen.

Es wird daher die Finanzierung des laufenden Betriebs und einer Ausweitung des Ser­vices notwendig sein, um den Veränderungen in der Arbeitswelt Rechnung zu tragen. Das wird nicht nur in den Bundesländern, sondern auch im Österreichischen Städte­bund Diskussionen verursachen, denn mit Ende des Jahres 2018 laufen mehrere so­genannte 15a-Vereinbarungen aus, die sich mit Kinderbetreuung beschäftigen. Die­se 15a-Vereinbarungen, die zwischen Bund und Ländern abgeschlossen werden, werden neu zu verhandeln und zu definieren sein. Daher ist die Maßnahme, die jetzt vom Bundesgesetzgeber angedacht wird, eine, die uns in den Bundesländern inter­es­sieren muss.

Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der ebenfalls starke Auswirkungen auf die Länder haben wird, das ist die derzeitige Diskussion über die Mindestsicherung. Die Mindestsicherung stellt, wenn man so will, das letzte soziale Netz für jene Menschen dar, die aus welchen Gründen auch immer in Schwierigkeiten kommen, und das müs­sen gar keine besonderen wirtschaftlichen oder persönlichen Schwierigkeiten sein. Bei uns in Wien sind der Großteil, etwa 75 Prozent jener Menschen, die Mindestsicherung bekommen, sogenannte Aufstocker, die entweder eine zu niedrige Pension haben oder mit ihrer beruflichen Tätigkeit nicht das Niveau der Mindestsicherung erreichen und des­halb einen Differenzbetrag ausbezahlt bekommen. Es wird sichergestellt werden müssen, dass in unseren Bundesländern, in den Städten und Gemeinden niemand hungern muss, niemand frieren muss, niemand obdachlos sein muss. Daher bin ich immer dafür gewesen, dass es eine österreichweite Regelung gibt, weil es auch im


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